Kolumnen

Christina Fiebers Flaschenpost: Leicht, aber nicht Light

Auch wenn einem die Light-Unkultur aufstößt – üppige Ungetüme braucht es schon gar nicht: Weine konzentriert zu Fruchtaufstrichen, die Alkoholwerte eines Obstlers aufweisen. Gewächse mit der Feingliedrigkeit von Sumo-Ringern, die  nach dem ersten Schluck Panikattacken auslösen. Unter vielen Winzern herrschte eine Zeit lang offenbar ein Wettbewerb im Spätlesen: Ernteten die einen zu Allerheiligen, warteten die anderen garantiert bis zum ersten Schnee, um möglichst überreife Trauben für ihre, wohlgemerkt, trockenen Weißweine einzubringen. Im Sommer hingegen wurde manisch entlaubt, damit wirklich jede einzelne Beere in der Mittagssonne brutzeln konnte. Bei Rotweinen hingegen erledigte man den Verdichtungsprozess lieber im Keller: Verfahren wie Umkehrosmose oder Vakuumverdampfung konzentrierten Most zu Konfitüre. Das passiert auch heute noch, aber nicht mehr ganz so enthusiastisch. Zur Verteidigung der Winzer muss festgehalten werden, dass derlei Kraftlackeln regelmäßig mit Bestwertungen versehen wurden und Gäste mitunter ihre Weine reklamierten, wenn sie nicht nach Kiwi-Banane schmeckten.

Zur Verteidigung der Winzer muss festgehalten werden, dass derlei Kraftlackeln regelmäßig mit Bestwertungen versehen wurden und Gäste mitunter ihre Weine reklamierten, wenn sie nicht nach Kiwi-Banane schmeckten.


Aber es gibt sie, die eierlegende Wollmilchsau: Die besten Winzer weltweit zeigen inzwischen, dass Weine abseits von Alkohol- und Fruchtexzessen Substanz und Geschmack besitzen können. Gerade ihre Zartheit offenbart vielschichtige Aromen. Finesse vereint mit Tiefgang – leicht aber nicht light.   

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.
flaschenpost@kurier.at