Kolumnen

Fabelhafte Welt: Vom Segelglück der Eltern

Einen Großteil meiner Kindheit verbrachte ich auf See(n), denn meine Familie ist segelbegeistert. Opa kam über den Eisenbahner-Sport-Verein zum Segeln, und brachte es meinem Vater bei, indem er ihn allein in einem Kindersegelboot mitten auf der Donau aussetzte. Trotz dieser fragwürdigen Segel-oder-Stirb-Pädagogik verliebte sich mein Vater ins Übers-Wasser-Gleiten und nannte die erste eigene Jolle nach seiner zweiten großen Liebe: meiner Mutter.

Ihrer beider Segelleidenschaft tat meiner Geburt keinen Abbruch, sondern schon einen Sommer später segelten meine Eltern wieder Regatten, während mich meine Oma im Kinderwagen am Wasser entlangschob. Kaum dass ich gehen konnte, durfte ich in Schwimmweste verpackt an Bord. Lange vor Lesen und Schreiben lernte ich Wenden und Halsen. Von Mai bis September orientierte sich meine Familie am Wind und dass ein Sommerurlaub auch am Festland stattfinden kann, lernte ich erst auf Maturareise. Woran ich mich zurzeit häufig erinnere, ist Segeln bei schlechtem Wetter, wenn das Meer tobt oder starke Böen über einen See wehen, und alles in Schieflage gerät. Ist man fernab der Küste, muss man da durch. Das ist leichter, wenn man selbst am Steuer sitzt oder irgendetwas zu tun hat, anstatt bloßer Passagier zu sein.

Machtlosigkeit ist für uns Menschen am schwersten zu ertragen. Doch eines kann man in jedem Sturm tun, und zwar Zuversicht und Haltung zu bewahren. Wir alle befinden uns in mehr oder weniger wackeligen Booten mitten in einem Gewitter. Deshalb halte ich möglichst gute Laune, möglichst viel Mut und Geduld nun für so wichtig. Wir sehen den Hafen, aber noch ist er fern. Ihn zu erreichen dauert die Zeit, die es dauert. Beschleunigen können wir nichts, aber uns die Zeit leichter machen, indem wir den Kopf hochhalten. Denn vom Kopf-Hängenlassen wird einem nur eins: entsetzlich übel.

vea.kaiser@kurier.at

Kaum dass ich gehen konnte, durfte ich in Schwimmweste verpackt an Bord.