Kolumnen

Als wir Kritiker des Bachmann-Preises kritisierten

Ab Mittwoch blickt die literarische Welt nach Klagenfurt, wo zum 45. Mal die Tage der deutschsprachigen Literatur stattfinden. 14 Autorinnen lesen unveröffentlichte Texte vor, über die anschließend sieben Juroren diskutieren. Streit und harte Kritik inklusive. Der oder die Gewinnerin erhält den Ingeborg-Bachmann-Preis, eine der größten Auszeichnungen, die ein auf Deutsch schreibender Mensch erhalten kann.

Heuer ist auch meine Wenigkeit Teil dieser Jury und je näher der Bewerb rückt, desto schlechter schlafe ich. Als Schreibkücken saß ich mit meinen ebenfalls vom Schriftstellerleben träumenden Freunden tagelang vor dem Fernseher, um das Wettlesen am Wörthersee mitzuverfolgen. Wir kritisierten jedoch nie die Autoren, sondern zerlegten die Jury. Für uns Jungschreiberinnen war es eine Frechheit, dass diese Kritikerinnen sich trauten, so laute und absolute Verdikte über Literatur zu präsentieren. Natürlich wussten wir es besser, während wir Tetrapackwein vom Diskonter tranken und selbstgedrehte Zigaretten rauchten.

Uns hatte nur leider niemand eingeladen, was wir natürlich als himmelschreiende Frechheit empfanden. Wir wetteten also um Centbeträge, wer gewänne, kippten Shots, wann immer die Jury Floskeln wie poetische Bilder oder furioses Tempo benutzte, und bildeten in der heftigen Auseinandersetzung mit den Urteilen anderer unsere eigene Meinung. Ursprünglich nahm ich die Einladung in die Jury an, um das, was ich als allwissende Zwanzigjährige so furchtbar fand, besser zu machen. Aber ich glaube, es würde mich ebenso glücklich machen, wenn ich ein paar ambitionierten Jungautorinnen Grund zum Aufruhr liefere. Friede, Freude und Eierkuchen sind toll, Vielfalt ist besser. Und die entsteht, wenn sich nicht alle einig sind.

Lasset die Spiele beginnen, lasset uns kritisieren, und lasset uns noch vehementer kritisiert werden.

vea.kaiser@kurier.at