Kolumnen

Paaradox: Feuerprobe

SIE

Ja, zugegeben, es ist ein bisserl zum Genieren, was uns unlängst passiert ist. Deshalb rate ich allen leidenschaftlichen Grill-Auskennern exakt jetzt mit dem Lesen aufzuhören. Allen anderen sei verraten, dass ich mich nach jahrelangem Brutzeln per Elektrogrill wieder nach glühenden Kohlen gesehnt habe. Also setzte ich ein Rauchzeichen und kaufte einen dieser angesagten Kugelgriller samt Accessoires. Der Mann gegenüber war sofort Feuer und Flamme und packte einen mittelöden Grillspruch aus: Sehr super, weil Salat kann man nicht grillen! Dann zückte er den Terminkalender: Yes, das geht sich gut aus! Wir werfen gleich am Wochenende das Feuer an. 

Keine Sache!

Umgeben von Käsekrainern, Ripperln, Mais, feinst mariniertem  Gemüse, – ja, auch Zucchini – harrte ich am Sonntagabend der Dinge. Zunächst galt es ja, das Trumm zusammenzubauen. Keine Sache, dass ich nicht lache –  ist in 15 Minuten erledigt!, dichtete Mr. Grillparzer. Nix da: Nach 45 Minuten Herumbasteln und Fluchen erzählte er mir, dass er zwar schon sehr hungrig sei, aber – bedaure – einen Bau-Mangel festgestellt hätte. Zurück auf Feld eins, dazu Spritzer Nummer 3. Als es irgendwann finster wurde, war es endlich so weit: Grill fertig! Nun aber tauchten allerlei Grundsatzfragen auf: Wie viel Kohle? Wie anheizen? Ventile auf? Ventile zu? Und wie lange warten, bis zur Draufgabe des Grillguts? Wir lasen einander laut die Betriebsanleitung vor und machten trotzdem  vieles falsch. Irgendwann, man hätte meinen können, es wäre knapp vor Mitternacht gewesen, fragte ich, ob ich nicht doch lieber das Backrohr anwerfen solle. Fix nicht, ein Hufi gibt  nicht auf!, rief der Mann und packte in letzter Minute sein Fähnlein-Fieselschweif-Wissen aus, nicht ohne sich mit dem heißen Deckel eine  zarte Verbrennung zuzufügen.  Sieh an: Kam Zeit, kam Glut. Wie schade, dass ich keine Marshmallows für ihn hatte, aber –  immerhin –  einen alten Pfadfinderspruch: "Das Leben ist zu kurz für Erörterungen.“    

gabriele.kuhn@kurier.at / facebook.com/GabrieleKuhn60

ER

Zweimal in meinem jungen Leben zweifelte ich daran, ob ich das Anforderungsprofil eines echten Mannes erfüllen würde. Das eine Mal geriet ich in eine Diskussion über Autos, in der ein emotionales Abwägen von Typen, Baujahren und Motoren stattfand, dass ich ein Schleudertrauma entwickelte. Ich sagte damals: "Für mich ist ein PKW ein Nutzfahrzeug, das mich von A nach B bringt. Alles andere ist mir wurscht.“ Die anschließenden Boliden-Buben-Blicke gaben mir das Gefühl, ich sei ein Alien. Oder ein Geistlicher, der Gebete für überbewertet hält. Ein anderes Mal gestand ich, dass ich den Akt des Grillens so reizvoll fände wie Rosamunde-Pilcher-Bingewatching.

Das große Knurren

Das Desinteresse an Autos quittierte gnä Jung-Kuhn im Rahmen der ersten Rendezvous einst nur mit einem Schulterzucken. Dass ich allerdings das Spiel mit dem Feuer nicht beherrschte, irritierte meine Flamme sichtlich. Sie sagte: Na bumm! Ahnend, welche Prüfungen das für ein gemeinsames glühendes Leben ergeben könnte. Zum Beispiel die Tatsache, dass ich am Abend zum Grillen erscheinen möge, das neue Gerät jedoch erst zusammenbauen muss. Ich hoffe, du bist noch nicht zu hungrig, grinste meine Frau. Im Wissen, dass um diese Tageszeit Hunger mein zweiter Vorname ist. Ich schwieg und begann zu basteln. Verbunden mit der Frage: Wer knurrt mehr, ich oder mein Magen? Zwischenzeitlich begann es zu regnen, verschleppte Hund Gustav eine Stange, und Frau Bratefuchs sagte mit der Bastelanleitung in der Hand: Ich will ja nix sagen, aber da steht … Ohja, der Grat zwischen Grill & Chill und Grill & Thrill ist verdammt schmal. Das folgende Abenteuer hat sie in ihrem Text wahrheitsgemäß geschildert. Ausgelassen hat sie lediglich, dass wir trotz Vollmondes Taschenlampen benötigten, um die Fleisch-Beschaffenheit erkennen zu können. Und dennoch lautete ihr Resümee: Aber irgendwie war’s lustig. Und ich antwortete, während ich meine Verbrennung behandelte: „Jo eh.“

michael.hufnagl@kurier.at / facebook.com/michael.hufnagl9