Paaradox: Déjà-vu
SIE
Vor Jahren endete eine unserer Kolumnen mit einem Plädoyer für getrennte Geschirrspüler. Warum? Weil sich die Ordnung, die sie meint, drastisch von der Ordnung, die er meint, unterscheidet. Nun ist es so weit: Wir räumen seit einigen Monaten unsere Teller und Tassen Tag für Tag und im jeweils eigenen Reich in jeweils eigene Maschinen. So weit, so entspannt.
Mit dem Geo-Dreieck
Wobei ich mir durchaus vorstellen könnte, dass der Mackie Messer & Gabel von gegenüber sich nun selbst für das getane Werk kritisiert. Sonst ist ja – im Moment noch – keine da, bei der er das tun könnte. Und so führt er vielleicht, nach getaner Arbeit, „nur für sich“ und „zur Sicherheit“ eine zweite Spüler-Visite durch, um nachzusehen, ob die Schüssel eh im rechten Winkel zum Kochlöffel platziert ist. Könnte ebenfalls sein, dass er das mit einem Geo-Dreieck nachmisst – und es akribisch nachjustiert. Während bei mir daheim Frau Teller mit Herrn Häferl eine anarchisch anmutende und eher dreckige Orgie feiert – jeder mit jedem, übereinander, untereinander, durcheinander. Trotzdem werden am Ende alle sauber. Interessant wird’s allerdings, wenn der Herr Hufnagl bei mir zum Essen eingeladen ist, was ja immer wieder mal vorkommt. Dann merke ich, dass er mich mit einer relativ angespannten Gereiztheit dabei beobachtet, wie ich das Geschirr in der Spülmaschine platziere und sich spitze Bemerkungen verkneift. Irgendwann aber kann er nicht mehr an sich halten, springt kopfschüttelnd auf und schreit: „So kann das nicht bleiben!“. Dann tut er, was er muss: Alles neu arrangieren. In diesem Moment könnte ich fragen, ob ihm fad ist und was der Mediationscoach seines Vertrauens dazu sagen würde. Doch was mache ich? Schweigen – und lächeln. Sowie an einen alten Spruch denken: „Jede Neurose ist ein äußerst bewährter Zeitvertreib.“
Lesekabarett „Schatzi, geht’s noch?“, 12. März, St. Pölten, Bühne im Hof
ER
Manchmal frage ich mich, wie oft man Botschaften wiederholen muss, ehe sie von der Empfängerin nicht nur gehört, sondern vor allem in ihrer ganzen Bedeutung auch erfasst werden. Der Geschirrspüler (und der dazu gehörende Befüllungsstil) ist ein sehr anschauliches Beispiel für meine philosophische Erkenntnis: Wenn meine Frau nicht will, dann will sie nicht. Dieses Verhalten könnte man natürlich in die Kategorie Bockigkeit einordnen, aber das stimmt so nicht. Es ist eher eine Demonstration provokanter Wurschtigkeit. Mit einem zarten Hauch von Na, deine Sorgen möcht’ ich haben. Was im Übrigen ein echtes Killerargument in jeder ehelichen Debatte ist – als dürfte man kein Übel mehr beklagen, ehe nicht der Weltfrieden hergestellt und damit unsere größte Sorge obsolet ist.
Anatomie egal
Mir geht es bei der Strategie um die ideale Anordnung von Tellern, Töpfen, Schüsseln und Gläsern selbstverständlich niemals um die Ästhetik einer Symmetrie. Die Andeutung der Liebsten, ich könnte den Prozess des Einräumens nicht ohne Wasserwaage durchziehen, ist also Polemik. In meinem Spülfokus befindet sich – wie allzu oft beteuert – lediglich die ökonomische Vernunft. Ziel muss es doch sein, so viel Geschirr wie möglich unterzubringen, ohne dabei die Garantie auf maximale Sauberkeit zu gefährden. Gnä Kuhn jedoch nimmt auf die Anatomie einzelner Teile keine Rücksicht und platziert sie stets nur en passant vor sich hin. Sie ist also einer jener Menschen, die beim Spiel Tetris von einem Highscore so weit weg sind wie ich vom Verfassen des kulinarischen Epos „Die Sinnlichkeit des Brokkoli“. Wenn ich dann vorsichtig anmerke, dass es beim Arrangement noch ein bisserl Luft nach oben gäbe, sagt sie nur: Dass dir das nicht zu deppert wird. Nein, wird es nicht. Weil man manche inneren Zwänge nicht wegzaubern kann. Aber auch nach sehr vielen Ehejahren zumindest darüber lachen. Weil, so schrieb Erich Kästner: „Humor ist der Regenschirm der Weisen.“