Kolumnen

Neu gebaut und schon von gestern

Kurz vor Weihnachten hat man eine über hundert Jahre alte Villa in Hütteldorf abgerissen. Der Abbruch der gut erhaltenen Villa Baldia war vom zuständigen Magistrat abgelehnt worden, da man das Gründerzeitgebäude als schutzwürdig einstufte. Die Immobilienfirma, die dort Eigentumswohnungen samt zweistöckiger Tiefgarage hinstellen wird, blieb hartnäckig. Das Verwaltungsgericht stimmte schließlich dem Abriss zu, die Villa ist Geschichte.

Nein, man muss keinen Beißreflex entwickeln, jedes Mal, wenn Altes Neuem weichen soll. Und der architektonische Wert des Hauses war vielleicht auch nicht mehr als emotional. Gründerzeitfassaden sind in Wien (noch) kein Alleinstellungsmerkmal. Warum hier dennoch darüber berichtet wird? Weil diese Geschichte ziemlich alltäglich ist. Wer will – einen ertragreichen Neubau – findet fast immer einen Weg – eine Abbruchgenehmigung.

Was in Penzing nun geplant ist, kann sich jeder auf der Homepage der Immobilienfirma anschauen. 40 Wohneinheiten auf engstem Raum, dafür aber zu Preisen, die uns im Redaktionskomitee der Wiener Ansichten mit den Ohren schlackern lassen. Wie sie aussehen werden? Gesichtslose Quader ohne Persönlichkeit, dafür aber mit Fußbodenheizung. Also eh so wie alles, das jetzt gebaut wird. Und so wie überall, wo Altes abgerissen wird und Grünes verschwindet, wird justament mit eben diesen Vorzügen geworben. In Penzing reißt man ein Gründerzeithaus ab, baut einen architektonisch uninspirierten Block hin und wirbt dann ausgerechnet mit den architektonischen Besonderheiten der Umgebung, unter anderem der Fuchs-Villa (okay, auch nicht in jeder Hinsicht ein Vorbild an Geschmackssicherheit, aber das ist eine andere Geschichte).

Außerdem hat man alle alten Bäume hier gefällt – um nun mit Grün anderswo zu werben: Durch die Nähe der Westausfahrt ist man mit dem Auto sehr schnell im Grünen. Ein Slogan wie aus den Sechzigerjahren.

Bei allem Neubau-Elan: Das ist ziemlich retro.