Kolumnen/Mirad teilt aus

Die magische Anziehungskraft einer geteilten Stadt

Was haben Belfast, Jerusalem und Nikosia gemein? Die Städte haben einen gemeinsamen Nenner - die Trennung. Ihre Namen fallen dann, wenn man Beispiele dafür sucht, wo das Zusammenleben dermaßen nicht funktioniert, dass man innerhalb einer Stadt (imaginäre) Grenzen bauen muss. Grenzen, in deren Rahmen diejenigen separat voneinander leben, die sich nicht ausstehen können. 

So eine, im wahrsten Sinne des Wortes, getrennte Stadt, liegt wenige Auto-Stunden von Österreich entfernt. 

Auch wenn die Hauptstadt Sarajevo oft „Klein-Jerusalem“ genannt wird, „verdient“ sich eine andere in Bosnien-Herzegowina gelegene Stadt diesen "Spitznamen" mehr. Mostar ist im Gegensatz zu Sarajevo, das das Prädikat "multi-ethnisch" nach dem Krieg leider verloren hat, Zuhause von zwei Bevölkerungsgruppen - den Bosniaken und den Kroaten. 

Die unsichtbare Grenze zwischen ihnen verläuft heute genau dort, wo das Herz beider Seiten am schnellsten schlägt - der Alten Brücke, dem Wahrzeichen der Stadt, unter dem der smaragdgrün funkelnde Fluss Neretva fließt. Eben hier hat man sich im blutigen Krieg aufgeteilt: Auf der östlichen Seite der Brücke leben seitdem die Bosniaken, während die Kroaten westlich davon daheim sind. 

Faszination 

Viel haben die beiden Seiten nicht miteinander zu tun. Womit sie sich allerdings beide plagen müssen, sind die Touristenmassen, die tagtäglich durch die engen Gassen um die Brücke herum wälzen. Auf den ersten Blick wird einem klar: Die Masse teilt sich auf Besucher aus der östlichen, also muslimisch geprägten Welt sowie die aus der westlichen, also christlich geprägten Welt. Ist ja klar, die Stadt hat beiden etwas zu bieten. 

Ob die Einheimischen das auch so sehen? Jedenfalls profitieren sie alle von der Faszination, die so eine Stadt nach sich zieht. Dass sie nicht miteinander auskommen, scheint nebensächlich. Absurd, oder?