Kolumnen

Johannas Fest: Wahlparty

In sieben Tagen haben wir die Wahl. Waltraud und Alexander haben uns und acht weitere Freunde eingeladen, kommenden Sonntag gemeinsam zu verfolgen, wen sich Österreichs Stimmberechtigte in der Hofburg wünschen. Nachdem wir selbst unsere Stimmen abgegeben haben, wollen wir uns vor dem TV-Gerät auf dem Laufenden halten.

Das Schöne an so einer privaten Wahlparty ist die spontane Austauschmöglichkeit mit Mitmenschen. Je nach Harmoniebedürfnis der Gastgeber werden sie lauter Gleichgesinnte oder eine politisch heterogene Gesellschaft einladen.

Wer Rosenkranz- und Grosz-Fans gemeinsam mit überzeugten Van-der-Bellen-Getreuen zu sich bittet, gehört vermutlich zu den Risikofreudigen: Kann schließlich sein, dass sich die politisch so konträr Denkenden mächtig in die Haare kriegen. Andererseits kann es eintönig werden, eine garantiert homogene Runde, die ihr Kreuz alle neben dem Namen eines der Kandidaten gemacht haben, einzuladen. Bleibt dieser stark unter den in ihn gesetzten Erwartungen, könnte die Wahlpartygesellschaft rasch zur Trauerrunde mutieren.

Apropos Erwartungen: Zu den wichtigsten Ingredienzien einer Wahlparty gehört – wie auch bei einem Spieleabend – Leidenschaft. Stoiker, denen der Ausgang der Abstimmung vollkommen egal ist, sind hier ebenso fehl am Platz wie etwa Gäste, die beim Brettspiel „Risiko“ ihre eigene Vernichtung mit einem gleichgültigen „sehr schön!“ hinnehmen.

Natürlich hängt der Spannungsfaktor bei der Wahlparty von Überraschungen bei den Ergebnissen des Urnengangs ab. Aber auch wenn die Hochrechnungen nichts anderes bringen als die Bestätigung der Prognosen, ist für reichlich Gesprächsstoff gesorgt.

Wie interessant der Gedankenaustausch wird, hängt natürlich von den einzelnen Geladenen ab. Deshalb sollten Gastgeber politisch interessierte, reflektierte Persönlichkeiten zusammenbringen, die auch etwas über reinen Small Talk Hinausgehendes zu sagen haben. Als Faustregel gilt: geistreich ist besser als reich.

Wählerbewegungen

Wie bei allen Einladungen ist natürlich auch für das leibliche Wohl der Gäste zu sorgen. Bei der Themenparty spielt die Kulinarik aber eine Nebenrolle. Wenn besonders ehrgeizige und großzügige Gastgeber glauben, sie müssen Haubenniveau bieten, ist das übertrieben. Ideal ist es, den Gästen bei den Häppchen, Speisen und Getränken die Wahl zu lassen. Am besten hat sich meiner Erfahrung nach immer wieder ein Buffet mit kalten Vorspeisen, zum Aufwärmen zum Beispiel eine unkomplizierte Quiche, eine Suppe, ein Eintopfgericht wie Gulasch oder Curry, Käseplatte und ein die Gemüter kühlendes Eis-Dessert bewährt. Wer das alles in der Küche kredenzt, sorgt überdies für „Wählerbewegungen“.

Wichtig ist aber auch die Platzierung. Neben einem bequemen Sofa und Fauteuils bieten zwei seitlich aufgestellte kleine Stehtische Gelegenheit, sich im kleinen Kreis mit wechselnden Gesprächspartnern auszutauschen.

Waltraud und Alexander wollten nach dem süßen Abschluss noch eine weitere Attraktivität ins Spiel bringen. Schon bei der Einladung baten sie um die Tipps der Gäste und deren Einsätze. Die Gastgeber sind damit auch Buchmacher in Personalunion und werden, sobald die letzten Hochrechnungen veröffentlicht sind, die Gewinner bekannt geben.

– Möge die Wahlparty gelingen und der Beste gewinnen!