Kolumnen

Geh, bitt’ den Schorschi

Hupen. Ist Ihnen auch aufgefallen, dass das jetzt üblich geworden ist? Wegen jeder Kleinigkeit?

Kaum braucht einer zwei Sekunden länger zum Ein- oder Ausparken, schon wird gehupt. Warum? Weil wir spätestens seit der Pandemie wissen, dass wir keine Zeit zu verlieren haben? Schon gar nicht, um freundlich zu sein? Weil wir, um einen besonders widerlichen Spruch zu zitieren, nix zu verschenken haben? Zur Erinnerung: In Österreich herrscht Hupverbot. Laut Straßenverkehrsordnung darf nur gehupt werden, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert. Abgesehen davon vergiftet die Hup-Aggressivität die Atmosphäre in der Stadt. Lieber kurz chillen.

Das könnten wir uns im Redaktionskomitee der Wiener Ansichten auch selbst als Motto verordnen. Etwa, wenn wir uns darüber aufregen, dass für viele Autofahrer Hupen zwar üblich, vor dem Zebrastreifen stehen bleiben hingegen unüblich geworden ist.

Es gibt vieles, über das man sich aufregen kann, aber nicht muss. Doch nix regt einen so auf wie Leute, die einem sagen, dass man sich nicht aufregen soll. Der Satz „du machst das Problem größer, als es ist“ macht einen nicht zum besseren Menschen.

„Bittigoaschee“, hätten die Altvorderen gesagt. Sinngemäß „geh bitte“. Als Kind hat mich das nicht nur geärgert, ich hab’s vor allem nicht verstanden. Wenn meine Oma „Ich bitte dich gar schön“, auf Wienerisch „bittigoaschee“ gesagt hat, hat das für mich wie irgendwas mit Schorschi geklungen. „Geh, bitt’ den Schorschi.“ Schorschi, so hieß ein Freund meiner Schwester und mir war nicht klar, warum ich, wenn ich mich ärgere, den Schorschi um was bitten soll.

Der Name Schorschi ist ein bisserl aus der Mode gekommen. Immerhin, die Gemeinde St. Georgen am Walde nennt ihren Skiverein liebevoll Schorschi. Es gibt auch einen Schorschi-Lift. Ein Schlepplift, von gestern wie der Name.

Das nächste Mal, wenn ich Hupen höre oder beim Zebrastreifen vergeblich auf höfliche Autofahrer warte, werd’ ich dran denken, den Schorschi zu bitten.