Kolumnen

Fabelhafte Welt: Als der kleine Stern endlich etwas Cooles machen durfte

Der kleine Stern war richtig sauer. Eine Ewigkeit hatte er auf seine Bestimmung gewartet. Sogar Mama-Stern war ungeduldig geworden: „Alle anderen Sterne haben zu tun, nur du flackerst faul am Himmel!“ Alle Freunde übernahmen wichtige Aufgaben am Firmament: Die einen durften bedeutungsvolle Positionen in Sternbildern einnehmen, die anderen in die Kometenlaufbahn eintreten. Der Nachbarstern prahlte damit, sogar zum Meteor auserkoren worden zu sein – der fade Streber.

Die Aufgabe, die der kleine Stern schließlich bekam, war die langweiligste der Galaxis: Drei alte orientierungslose Knacker aus dem Morgenland musste er nach Bethlehem lotsen. Warum machten die sich auf die Reise, wenn sie den Weg nicht kannten? Wegweiser war ein Job, den jede Energiesparlampe übernehmen konnte. Das war etwas für ausrangierte Sterne, nicht für einen fitten, klugen Jungstern wie ihn! Garantiert machten sich die anderen Sterne über ihn lustig, während er gelangweilt und einsam durch die Kälte zog. Irgendwann wurde es ihm zu blöd und er hielt inne.

„Ich will nicht mehr“, sagte er und begann vor Wut zu weinen. Da schwebte ein Engelchen hinterm Mond hervor. „Was weinst du, kleiner Stern?“ – „Alle dürfen etwas Cooles machen, nur ich nicht!“ – „Auch wenn es sich nicht so anfühlt: Was du hier tust, ist bedeutsam! Hab Geduld.“

Der kleine Stern glaubte das zwar nicht, doch da man Engeln nicht widerspricht, blieb ihm nichts anders übrig, als die drei Könige nach Bethlehem zu lotsen. Zwei Wochen zu spät kamen sie an. Die Reise war lang und kalt und langweilig, doch am Ende freute sich der kleine Stern, sie vollbracht zu haben. Und als er das Weihnachtswunder sah, wurde ihm all das Gute unter den Menschen bewusst, all das Schöne in der Welt, und er glänzte vor Glück. Denn auch wenn es hart gewesen war: Er hatte seinen Beitrag geleistet.

vea.kaiser@kurier.at