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Papiertänzerin steigt zur Spielpartnerin des Zinnsoldaten auf

In Hans Christian Andersens Märchen ist sie nur eine passive Figur, in die sich der einbeinige, der 25. Zinnsoldat für den nicht genug Metall mehr da war, verliebt. In der knapp einstündigen, charmanten, märchenhaften Bühnenversion im Burgtheater-Vestibül rückt sie nicht nur in den Titel auf, sie spielt auch eine gleichwertige Rolle in „Der Zinnsoldat und die Papiertänzerin“.

Roland Schimmelpfennig hat diese Version geschrieben, die auch nicht im Feuer mit dem geschmolzenen Spielzeugsoldaten und der verbrannten papierenen Tänzerin endet. Dieses Ende wird zu Beginn und am Ende zitiert als ein möglicher, aber kein guter Ausgang der Geschichte.

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Abenteuer der Tänzerin

Parallel zur Andersen’schen abenteuerlichen Reise des Soldaten in den Kanal, wo die Ratte einen Pass verlangt bis in den Bauch des Fisches, der letztlich in der Küche jener Familie landet aus deren Fenster er gefallen ist, erlebt hier auch die Papiertänzerin Abenteuer. Sie stand mit ihm am Fenster. Während er hinunterpurzelte, wurde sie vom Wind in die Luft gewirbelt. Hoch hinauf. Zu einer dunklen, gar unfreundlichen Wolke – die in Wiener Dialekt spricht (!) Hagelkörner treffen sie – zum Glück kein Regen. Die Begegnung mit einem witzig in der Art einer Kinderzeichnung gestalteten Papierdrachen bleibt nicht die einzige. Letztlich taucht er als rettendes Wunder später wieder auf.

In der flotten, kurzweiligen, mit etlichen humorvollen Einsprengseln gewürzten Inszenierung von Mia Constantine spielen die beiden sehr jungen Darsteller_innen Lili Widrich (märchenhaft mit macnhmal aufblitzendem Gefühl) und Tilman Tuppy (dem Soldaten entsprechend mit einem Schuss Strebertum) – natürlich die beiden Hauptfiguren – in voller Größe, immer wieder aber auch mit Fetzenpuppen.

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Außenseiter

Beide sind sie Außenseiter, vom Buben, dem sie gehören, wenig bis nicht beachtet. Schmeißt er bei Andersen den einbeinigen Soldaten noch selber ins Feuer, gibt er hier einfach der Köchin den Auftrag: „Schmeiß sie ins Feuer!“ Da sie sehr oft auf einem Bein, sozusagen in einem senkrechten Spagat, tanzt, fühlt er sich von Anfang an mit ihr verbunden. Doch er scheint mehr zu wollen als sie, die Freundschaft für ihn empfindet – und das aber mehr spüren lässt als er es zu können scheint.

Außerdem schlüpfen sie mehrmals noch in andere Rollen – die der Tänzerin bzw. dem Zinnsoldaten begegnen: Von der Ratte über die Wolke bis zum Fisch oder einer Elster, in deren Nest die Tänzerin die sechs Küken bespaßen sollte. Vor allem der Fischkopf ist herrlich (Bühne und Kostüm: Brigitte Schima).

Musik (Andreas Radovan) und Licht (Enrico Zych) machen die Vorstellung zu einer schönen, runden Sache – die bei der Premiere – die sich mehr Kinder im Publikum verdient hätte - auch manche Erwachsenen in Märchenmodus versetzte.

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Der Zinnsoldat und die Papiertänzerin
Frei nach dem Märchen „Der standhafte Zinnsoldat“ von Hans Christian Andersen von Roland Schimmelpfennig

Regie: Mia Constantine
Dramaturgie: Maike Müller

Zinnsoldat: Tilman Tuppy
Papiertänzerin: Lili Winderlich

Bühne und Kostüm: Brigitte Schima
Musik: Andreas Radovan
Licht: Enrico Zych

Regie-Hospitanz: Luisa Reiterer
Ausstattungs-Hospitanz: Hanna Körner
Toneinrichtung/Tontechnik: Christian Strnad, Andreas Zohner
Soufflage: Yasmine Steyrleuthner
Inspizien: Stefanie Schmitt
Bühnentechnik: Bernhard Bultmann, Manfred Widmann
Requisite: Christian Kraus

Wann & wo?
Zumindest bis 15. November 2020
Und: kann mobil in Schulen gespielt werden
Burgtheater/Vestibül: 1010, Universitätsring 2 (Eingang Ringstraße linker Seiteneingang)
Telefon: (01) 513 1 513
tickets.burgtheater.at

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