Warum Lammfleisch heute nicht mehr "böckelt"
Von Anita Kattinger
Mit der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs verschwand von unserem Speiseplan das Lammfleisch: Zwischen 1950 und 1980 reduzierte sich der Schafbestand in Österreich fast um die Hälfte. "Noch heute haben alte Leute im Kopf, dass Lamm böckelt, also diesen typischen Duft nach Schaf hat. Mit dem Tier hat das absolut nichts zu tun: Wie stark der Geschmack des Fleisches ist, hängt vom Schlachtalter des Tieres ab", versichert Haubenkoch Helmut Österreicher. Frisches Lammfleisch schmeckt neutral: "Früher wurden die alten Schafsböcke für den Eigenverzehr geschlachtet, aber solch alte Tiere kommen heute bei uns ja gar nicht mehr als Frischfleisch in den Verkauf."
Christliche Bedeutung
Das traditionelle Osterlamm gilt in christlichen Ländern als Symbol für die Auferstehung: Jesus Christus ist das reine und sündlose Lamm Gottes. Im Alten Testament streichen die Israeliten in der Nacht vor ihrem Auszug aus Ägypten mit dem Blut der Lämmer ihre Türen. Rund um Ostern essen die Österreicher 230 Tonnen Schaf- und Lammfleisch.
Dennoch ist der Lammfleischkonsum in Österreich mit rund einem Kilogramm pro Person und Jahr sehr gering. Der Bedarf kann aus heimischer Produktion nicht gedeckt werden: Die Selbstversorgungsrate liegt bei knapp 80 Prozent, wie Lammzüchter Franz Reiterlechner vom Verein "Alpin Lamm" erzählt – 14.400 Betriebe halten rund 380.000 Tiere, wieder fast so viele wie in den 1940ern. "Ich muss immer wieder Kunden ablehnen, weil ich mit den Lieferwünschen gar nicht nachkomme. Dabei spricht vieles dafür, wenn Landwirte in Österreich auf die Schaftzucht umsteigen: Für die Haltung eignen sich Flächen, die der Mensch nicht erschließen und auf denen kein Getreide angebaut werden kann. Für ein lebendes Lamm bekomme ich rund 158 Euro. Aus diesem Grund steigen sehr viele Bauern in die Schafhaltung ein, mit Rindern kann man kein Geld verdienen."
Der Bio-Landwirt aus Scheibbs züchtet Brillenschafe, die mit sechs Monaten ihre Schlachtreife erlangen. "Das rohe Fleisch der Tiere ist zartrosa und mit feinen Fettfasern durchzogen. Je dunkler das Fleisch, desto älter das Tier." Fettadern und Fettschicht sind laut HaubenkochHeinz Reitbauer, dessen Familie im steirischenWirtshaus Steirereckdas Pogusch-Lamm auftischt, besonders wichtig: "Wer Fleisch aus österreichischer Zucht kauft, bekommt immer gute Qualität. Beim Kauf muss der Konsument auf eine schöne Fettabdeckung achten. Es darf nicht alles weggeputzt sein."
Was aber genauso wichtig ist: Für einen Schmorbraten unbedingt gereiftes Fleisch verwenden – Lammfleisch sollte zwei Wochen abgelegen sein. "Ein Tipp, den die Lebensmittelindustrie vielleicht nicht so gerne hören wird: Wenn das Fleisch vakuumiert gekauft wird, dann sollte es erst rund um das Ablaufdatum verbraucht werden, ein paar Tage darüber sind kein Problem. Denn erst dann hat das Lammfleisch die richtige Reife."
Tipps und Tricks für die Zubereitung
- Lammfleisch harmoniert mit orientalischen Gewürzen wie Kardamom oder Muskatnuss.
- Je dunkler das Fleisch, desto älter ist das Tier bei der Schlachtung gewesen.
- Wer das Lammfleisch (egal, ob Schlögel oder Rücken) langsam garen möchte, sollte dies bei rund 55 Grad tun. Bei Temperaturen über 60 Grad wird Fleisch komplett durchgegart.
Lammrücken mit Salz und Pfeffer einreiben, in etwas Öl anbraten. Knoblauch, Schalotten und Thymianzweige zugeben und im Rohr bei 200 Grad schön rosa braten. Das Fleisch aus der Pfanne nehmen und ca. 20 Minuten an einen warmen Ort rasten lassen.
Überschüssiges Fett abgießen und mit Lammjus und Sojasauce ca.
5 Minuten einkochen. Durch ein feines Sieb seihen und warm halten.
Spargel schälen, die Spitzen abtrennen und den restlichen Spargel in kleine Stücke schneiden. Die Spitzen bissfest kochen, beiseite stellen.
Butter, Öl und Honig in einem Topf erhitzen und Spargelstücke zugeben. 5 Minuten lang ständig rühren. Lauch einstreuen und abermals bei kleiner Flamme schmoren. Mit Salz, Pfeffer, Zitronensaft und Muskatnuss abschmecken. Fleisch aufschneiden, mit Spargel, Spitzen und Sauce anrichten.