Wissen/Gesundheit

Steigende Lebenserwartung? Von wegen

Es ist eine noch nie da gewesene Erfolgsgeschichte: Noch nie in der Geschichte ist die durchschnittliche Lebenserwartung des Menschen so angestiegen, wie zwischen 1950 (48,1 Jahre) und 2017 (70,5 Jahre). Das ergab eine neue Studie namens „Global Burden of Disease“, die jetzt im Fachmagazin The Lancet erschienen ist.

Höchste und niedrigste Lebenserwartung

Die niedrigste Lebenserwartung haben derzeit mit 49,1 Jahren Männer in der Zentralafrikanischen Republik. Am höchsten liegt sie bei Frauen in Singapur, die 87,6 Jahre alte werden. Der größte Fortschritt im Untersuchungszeitraum wurde durch die massive Senkung der Kindersterblichkeit gemacht (von 216/1000 Lebendgeburten auf 38,9/1000). Für den Report wurden Daten aus 195 Staaten der Erde gesammelt und analysiert. Die Autoren warnen allerdings davor, dass sich dieser allgemein gute Trend umkehren könnte.

Kein Automatismus

Die Untersuchungen zeigen, dass sich die insgesamt positiven Entwicklungen in jüngerer Vergangenheit verlangsamt haben – und für die Zukunft nicht als selbstverständlich angenommen werden können. Frühere Untersuchungen prognostizierten bis 2030 noch einen weiteren Anstieg der Lebenserwartung auf 86,2 Jahre bei Frauen und 81,4 Jahre bei Männern.

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Die jetzt befürchtete Stagnation ist laut den Forschern vor allem hausgemacht. Neben gesundheitsbedrohenden Konflikten wie Kriegen oder Terrorismus sorgen nämlich allein im Jahr 2017 vier verhinderbare Risikofaktoren für 50,5 Prozent aller Todesfälle. Die sind im übrigen nicht neu: Bluthochdruck (10,4 Mio. Todesfälle im Jahr 2017), Rauchen (7,1 Mio.), erhöhte Blutzuckerwerte (6,5 Mio.) und Übergewicht sowie Fettsucht (Adipositas) (4,7 Mio).

USA: Lebenserwartung erstmals nicht gestiegen

Die USA sind das erste Land, bei dem sich die demografischen Veränderungen bereits zeigen. Erst heuer wurden bei einem internationalen Kongress Daten präsentiert, wonach die Lebenserwartung erstmals nicht mehr gestiegen ist. „Die Ursachen dafür wissen wir noch nicht genau“, sagt Friedrich Hoppichler, Präsident der österreichischen Adipositas-Gesellschaft. „Adipositas könnte natürlich eine Ursache sein, aber das ist noch nicht eindeutig belegt.“

Fakt ist aber, dass Herz-Kreislauf- sowie Stoffwechselerkrankungen die „größten Lebensverkürzer“ sind – und sie sind eine Folge der zuvor genannten verhinderbaren Risikofaktoren.

Übergewicht nimmt zu

Hoppichler betont, dass es zwar immer lokale Unterschiede geben wird, was die Häufung dieser Faktoren betrifft. Übergewicht und Fettsucht sind laut dem „Global Burden of Disease“ übrigens allerdings auf der Welt auf dem Vormarsch.

Mehr Übergewichtige

Vor allem im asiatischen Raum werde die Zahl von Übergewichtigen in den nächsten Jahren noch deutlich steigen, sagt Adipositas-Experte Hoppichler. „In Ländern wie Indien bekommen die Menschen jetzt viel mehr Kalorien, als ihr Körper gewohnt ist. Es gibt die Befürchtung, dass sie daher aufgrund ihres Körperbaus sogar noch viel dicker werden.“

Zu allen anderen Risiken treibt krankhaftes Übergewicht auch den Vormarsch von Typ-2-Diabetes an: Mehr als eine Million Menschen sterben bereits an den Folgen. Damit ist Diabetes bereits auf den vierten Platz der häufigsten Ursachen von Invalidität vorgerückt.