Sohn von Impfgegnern erkrankt an Masern: "Es macht mich so wütend"
Der Masernausbruch Anfang des Jahres in der Kinderklinik-Ambulanz des LKH Graz ließ das Impfthema wochenlang nicht aus den Schlagzeilen rutschen. Auch in den USA sind laut den US-Zentren für Seuchenkontrolle und -prävention (Centers for Disease Control and Prevention) seit Jahresbeginn in mehreren Bundesstaaten über 300 Menschen an der ansteckenden Infektion erkrankt.
In die aktuelle Impfdebatte mischt sich nun auch die Geschichte von Joshua Nerius.
Vor drei Jahren bekam der heute 30-Jährige plötzlich Fieber und einen seltsamen Hautausschlag. Er begab sich in ärztliche Behandlung, trotz der verschriebenen Antibiotika verbesserte sich sein Zustand jedoch nicht. Im Gegenteil: Aufgrund heftiger Symptome musste Nerius schließlich in die Notaufnahme eingeliefert werden. Dort äußerte ein Arzt die Vermutung, Nerius könnte sich mit Masern angesteckt haben. Doch war er nicht als Kind dagegen geimpft worden?
Als Nerius bei seiner Mutter nachfragte, erhielt er ein Emoji als Antwort: Ein nach unten gerichteter Daumen offenbarte, dass er keine Impfung erhalten hatte.
"Ich fühlte mich schrecklich"
Der Softwareproduktmanager wurde sofort unter Quarantäne gestellt. Die folgenden Wochen verbrachte er abgeschirmt in einem Zimmer des Northwestern Memorial Hospital in Chicago. Trotz intensiver medizinischer Betreuung beanspruchte die Krankheit seinen Körper stark: Er verlor über zehn Kilogramm an Gewicht, war zeitweise derart geschwächt, dass er nicht einmal imstande war, alleine zur Toilette zu gehen. Erst nach Monaten war er wieder vollständig genesen.
"Ich fühlte mich schrecklich", erinnerte sich der junge Mann kürzlich im Interview mit CNN. Angesichts der zahlreichen Masernfälle in den USA mahnt er die Bevölkerung zur Vernunft: "Das macht mich so wütend. Meine Eltern dachten, sie hätten das Richtige getan. Sie waren überzeugte Impfgegner."
Das für Nerius erschreckendste Detail seiner Erkrankung war aber nicht etwa deren Verlauf, sondern die Ansteckung. Er infizierte sich im Mai 2016 beim Besuch der Sponsion seiner Schwester am Northern Illinois University College of Business mit dem Virus. "Ich habe mit niemandem außer meiner eigenen Familie interagiert, also passierte es buchstäblich im Vorbeigehen", sagte er.
Tags darauf reiste Nerius zu einem Technologiekongress nach Las Vegas – und schüttelte dort hunderte Hände. Ein Albtraum, der ihm unmittelbar nach seiner Diagnose graute. "Ich war damals noch nicht ansteckend, aber es ist ernüchternd, wenn man sich vorstellt, wie viele Menschen ich angesteckt haben könnte, wenn der Zeitpunkt nur etwas anders gewesen."
Die Gesundheitbehörde von Illinois stellte später fest, dass ein Gast, der von außerhalb der Vereinigten Staaten zu der Abschlussfeier in Illinois angereist war, den Virus in sich trug.
Gegen seine Eltern hegt Nerius keinen Groll. Sie seien früher Anhänger der Alternativmedizin gewesen. In den Achtzigerjahren habe es zudem kein Internet gegeben, mit dem sie ihre Ansichten und Annahmen hätten prüfen können.
Heutzutage gebe es allerdings keinerlei Entschuldigung mehr, wenn Eltern ihre Kinder nicht gegen Masern impfen lassen. Man könne sich etwa "an die American Academy of Pediatrics oder an eine Vielzahl anderer Websites wenden, um zu erfahren, dass Impfstoffe sicher sind und Kinder gesund halten".
"Wissenschaftliche Seite wurde geklärt"
"Die wissenschaftliche Seite dieses Themas wurde geklärt. Wenn ich mir anschaue, wo wir heute stehen, mit Leuten, die vorsätzlich die Fakten ignorieren, frustriert mich das wirklich. Ich verstehe einfach die Denkweise dieser Menschen, die Angst verbreiten wollen, nicht."
Weitere Studie belegt: Impfen führt nicht zu Autismus
Jene Verunsicherung, die auch heute noch Menschen zur Impfskepsis veranlasst, geht auf den Engländer Andrew Wakefield und das Jahr 1998 zurück. Wakefield hatte behauptet, dass Impfen Autismus auslösen würde. Obwohl seine im Fachblatt The Lancet veröffentlichte Untersuchung kurz darauf als Fälschung entlarvt und zurückgezogen wurde und ihm die Zulassung als Arzt entzogen wurde, verunsichert die Falschinformation manche Eltern weiterhin.
Erst Anfang März wurde allerdings erneut eine große wissenschaftliche Studie publiziert, die belegt, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (kurz: MMR) und Autismus gibt.
In Dänemark wurden Daten von 650.000 Kindern analysiert, darunter waren 6.500 Fälle von Autismus. Die Forscher konnten eindeutig zeigen: Die MMR-Impfung erhöht das Risiko für Autismus nicht – auch nicht bei Kindern, die etwa durch Autismus-Fälle in der Familie vorbelastet waren.
Zwar ist die Erhebung nur eine weitere von vielen, die den Zusammenhang zwischen Impfung und Autismus ausschließt. Den Forschern sei es dennoch ein Anliegen gewesen, die falsche Propaganda von Impfgegnern zu widerlegen. "In einer idealen Welt müsste sich Forschung nicht mit Verschwörungstheorien beschäftigen", kommentierten US-Mediziner Saad Omer und Inci Yildirim die Erkenntnisse – dennoch sei die Aufklärungsarbeit wichtig.