Wissen/Gesundheit

Krebs nach Organtransplantation: Wie Übertragung verhindert wird

Mit einem Spenderorgan auch Tumorzellen transplantiert bekommen: Dieses besonders tragische Schicksal dürfte eine Französin erlitten haben, die vor rund eineinhalb Jahren die Spenderlunge einer Landsfrau erhalten hatte und an Lungenkrebs starb. Die Spenderin hatte 30 Jahre hinweg täglich ein Packerl Zigaretten geraucht.

Daher warnen nun Ärzte im Fachmagazin Lung Cancer vor den Risiken einer Transplantation von Organen von Rauchern. Das Risiko, ein Spenderorgan mit Tumorzellen zu erhalten, ist zwar sehr gering – „zu hundert Prozent ausschließen kann man es allerdings nie“, sagt Gabriela Berlakovich, Leiterin der Klinischen Abteilung für Transplantation an der MedUni Wien.

Wie verhindert man die Übertragung von Krebs?

„Die potenziellen Organspender werden ganz genau untersucht“, erklärt Berlakovich. Sie ist auf Organtransplantationen im Bauchraum spezialisiert. Es gehe nicht nur um das Organ selbst, sondern um den gesamten Körper. „Bei der Organentnahme eines Verstorbenen werden alle Organe in diesem Bereich auf bösartige Stellen inspiziert. Finden wir etwas Suspektes, wird ein Pathologe beigezogen.“

Stellt sich die Auffälligkeit als bösartig heraus, wird der Körper gar nicht erst für Organspenden verwendet. Bei Lebendspenden – etwa bei Nieren für den Ehepartner oder ein Familienmitglied – dauert die Untersuchung manchmal Wochen. „Es gibt eine sehr lange Checkliste. Das oberste Ziel ist, den Spender nicht zu gefährden, damit er durch seine Organspende keine gesundheitlichen Folgen zu tragen hat.“

Alle Inhalte anzeigen

Wie hoch ist das Risiko, mit einem Spenderorgan einen bösartigen Tumor zu übertragen?

Bei Totspenden liegt die Rate bei 0,5 Promille, bei Lebendspenden sind es 0,2 Promille. „Das ist sehr, sehr wenig“, betont Berlakovich. Freilich: „Dem betroffenen Menschen nützt das natürlich nichts. Dann ist es eine Katastrophe.“

Was sind die häufigsten Transplantationen?

Wenn Organe, Gewebe oder Zellen eines anderen Menschen transplantiert werden, spricht man von einer allogenen Transplantation. In Europa werden in den meisten Fällen Organe Verstorbener transplantiert. „Der Anteil ist prozentuell viel größer“, sagt Berlakovich. Es gibt aber auch Länder, in denen der Lebendspender-Anteil höher ist. In Japan etwa waren Organspenden Verstorbener bis vor zehn Jahren aus kulturellen und gesetzlichen Gründen gar nicht möglich.

Unterschiede gibt es bei den Organen: Bei Nieren – die häufigste Transplantation – liegt der Anteil an Lebendspenden bei etwa 50 Prozent. Leber-Lebendspenden, bei denen ein Teil des Organs entnommen und transplantiert wird, sind geringer. „Die Größe der Operation und die Belastung ist für den Spender viel größer als bei Nieren.“ Deutlich öfter als ganze Organe werden Gewebe und Zellen übertragen. Das ist meist einfacher umzusetzen. Am häufigsten sind das Haut, Knochen, Blutgefäße und Blutstammzellen.

Gibt es eine Altersgrenze für Transplantationen?

Das lässt sich nicht exakt festlegen, sagt Berlakovich. „Es geht immer um das biologische Alter, nicht um das nominelle. Es gibt 70-Jährige, die sind topfit. Und es gibt 65-Jährige, die mehrere Erkrankungen haben und daher nicht für eine Transplantation geeignet sind.“

Wer entscheidet über eine Transplantation?

„Aufgrund der knappen Ressourcenlage erfolgt die Entscheidung, wer auf die Warteliste kommt, auf breiter Konsensbasis eines interdisziplinären Teams.“ Die Verteilung von Spenderorganen läuft anonym über die unabhängige Stiftung Eurotransplant, in der Österreich und sieben weitere Länder zusammenarbeiten. Die skandinavischen Länder sowie Spanien und Portugal sind in ähnlichen Organisationen zusammengefasst. „Aufgrund der Entfernung ist man hier limitiert.“ Frankreich ist hingegen groß genug, um im eigenen Land genügend Spenderorgane zu finden.

Die Verteilungskriterien eines Organs sind streng geregelt – Dringlichkeit geht immer vor. „Es wäre egal, ob ein Prominenter oder ein Obdachloser einen Knollenblätterpilz isst und wegen des akuten Leberausfalls eine Transplantation benötigt. „Dieser Patient würde alle auf der Warteliste überholen.“