Gesundheitsrisiko: Wie viele Zigaretten "stecken" in einer Flasche Wein?
Eine Flasche Wein mit 750 Millilitern Inhalt pro Woche zu trinken, erhöht das Risiko im Laufe des Lebens an Krebs zu erkranken – und zwar genauso stark, wie wenn man als Frau zehn Zigaretten pro Woche raucht. Bei Männern reichen fünf Zigaretten, um auf ein ähnliches Gesundheitsrisiko zu kommen.
So schreiben es Forscher im Bericht zu einer neuen Studie, die am 28. März im Fachblatt BMC Public Health veröffentlich wurde.
Geringes Bewusstsein
Mit ihrer Erhebung wollen die Wissenschafter Bewusstseinsarbeit leisten: "Im Gegensatz zu unserem Wissen über die Anzahl der durch Rauchen bedingten Krebserkrankungen, ist das Bewusstsein für die Anzahl der auf Alkohol zurückzuführenden Krebsarten in der Bevölkerung kaum vorhanden", heißt es.
Durch den Konsum einer Flasche Wein pro Woche steige das absolute Krebsrisiko bei Nichtrauchern um 1,0 Prozent (bei Männern) beziehungsweise 1,4 Prozent (bei Frauen). Der Anstieg des Krebsrisikos bei einer Flasche Wein pro Woche entspreche dem durch den Konsum von fünf (bei Männern) oder zehn Zigaretten pro Woche (bei Frauen) bedingten Gesundheitsrisiko.
Für die Studie stellten die Forscher folgende Berechnung an: Wenn 1.000 Nichtraucher und 1.000 Nichtraucherinnen jeweils eine Flasche Wein pro Woche trinken, entwickeln etwa zehn zusätzliche Männer und 14 zusätzliche Frauen im Laufe ihres Lebens Krebs. Für die Berechnung verwendeten die Forscher der University of Southampton und der Bangor University unter anderem Daten von Cancer Research UK.
Bei Frauen war der Alkoholkonsum mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko verbunden, bei Männern mit Magen-, Darm- und Leberkrebs.
"Die Erkenntnisse können dabei helfen, der Öffentlichkeit verständlich zu machen, dass auch ein gemäßigter Alkoholkonsum ein bedeutendes Risiko für die Gesundheit von Frauen darstellt. Beträchtlich sind auch die Risiken für Männer", konkludieren die Forscher.
Kritik aus Fachkreisen
Unbeteiligte Experten zeigen sich ob der Erkenntnisse skeptisch.
Minouk Schoemaker, die am Institute of Cancer Research in London die Ursachen von Brustkrebs erforscht, sagte der BBC, die Studie biete "interessante Einblicke", aber "die Sache ist nicht so einfach".
"Das Gesamtbild des Krebsrisikos ist enorm komplex und differenziert. Daher ist wichtig zu wissen, dass diese Studie einer Reihe von Annahmen unterliegt", warnt Schoemaker. "Es ist zum Beispiel schwierig, die Auswirkungen des Alkohol- und Zigarettenrauchens vollständig zu entwirren und die Studie berücksichtigt weder die Dauer des Rauchens noch die Zeitspanne nach dem Rauchstopp."
Zudem befasse sich die Studie nur mit Krebs – nicht etwa anderen Krankheiten, wie Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen, die bei Rauchern häufig auftreten. Außerdem seien Daten aus dem Jahr 2004 verwendet und keine anderen Einflussfaktoren, wie Alter, Gene, Ernährung und andere Aspekte des Lebensstils, berücksichtigt worden, kritisiert Schoemaker.
Die Zahl der Zigaretten, die dem Alkohol als "Äquivalent" gegenübergestellt werden, sei sehr gering, bedenkt man, dass "die meisten Raucher pro Tag viel mehr rauchen".
John Britton, Direktor des britischen Centre for Tobacco and Alcohol Studies an der University of Nottingham, sagte der BBC: "Ich bin nicht sicher, ob viele Leute sich wirklich für das Rauchen oder das Trinken entscheiden würden, je nachdem, wie vergleichbar die Risiken sind."
Die Studie zeige zwar, dass Rauchen in Bezug auf das Krebsrisiko wesentlich gefährlicher ist als Alkoholkonsum. Rauchen sei aber bei einer Reihe anderer Krankheiten weitaus risikofördernder als Alkohol. "Wenn Raucher sich Sorgen um ihre Gesundheit machen, können sie am besten mit dem Rauchen aufhören", mahnt Britton.