Brustkrebsrisiko: Wem unter 40 zur Mammografie geraten wird
Univ.-Prof. Dr. Michael Stierer ist Facharzt für Chirurgie und Brustkrebsexperte, Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Senologie (Brustgesundheit)
Bei meiner 32-jährigen, gleichaltrigen Freundin wurde Brustkrebs festgestellt. Soll ich auch zur Mammografie?
Die Brustkrebsfrüherkennung sollte frühestens mit 40 beginnen. Ein früherer Beginn wird nur Frauen mit hohem Risiko bei familiärer Häufung von Brustkrebs und einem durch einen Bluttest festgestellten erhöhten Risiko angeraten. Vor dem 40. Lebensjahr kann die Mammografie Brustkrebs schlechter frühzeitig erkennen. Außerdem ist das Brustdrüsengewebe bei jungen Frauen strahlenempfindlich und die Brustkrebs-Häufigkeit in diesem Alter gering. So erkrankt nur jede 250. Frau mit 30 Jahren während jede 23. Frau im 70. Lebensjahr gefährdet ist.
Wie effektiv ist das Mammografiescreening?
Von 1.000 Frauen, die eine Mammografie durchführen lassen, erhalten 960 einen unauffälligen Befund, 40 Frauen werden zu weiteren Untersuchungen eingeladen. Davon haben 33 Frauen keinen Brustkrebs und sieben Frauen erhalten die Diagnose Brustkrebs. Zwei von 1.000 Frauen werden trotz unauffälligem Screening-Befund vor der nächsten Mammografie an Brustkrebs erkranken (Intervallkarzinom).
Ich hatte eine Brustkrebsoperation und soll neben Hormontabletten zusätzlich halbjährlich Infusionen erhalten. Wie wirken diese?
15 Minuten dauernde Kurzinfusionen mit einem Diphosphonat haben eine wichtige Knochenschutzfunktion, die bei laufender Tablettentherapie mit modernen Hormontabletten (Aromatasehemmern) bedeutsam sind. Zusätzlich hat sich gezeigt, dass auch das Wiederauftreten der Erkrankung um ca. 20 Prozent verringert wird. Diese Therapie ist gut verträglich.
Falls bereits Lymphknoten befallen sind: Was spricht für eine Bestrahlung des Achselgewebes, was für eine chirurgische Entfernung?
In einer großen holländischen Studie konnte gezeigt werden, dass beide Methoden gleich gute Ergebnisse in Hinblick auf die Prognose erbracht haben, aber eine Armschwellneigung nach Strahlentherapie seltener auftrat. Allerdings fanden sich nach dieser Behandlung häufiger andere Tumore. Daher sollte diese Entscheidung nach einer Besprechung der individuellen Situation mit den Ärzten fallen.
Wann ist nach einer Brustkrebsoperation noch eine Chemotherapie notwendig? Wie wird diese Entscheidung eigentlich getroffen?
In den vergangenen Jahren gab es einen erfreulichen Trend zur Individualisierung der medikamentösen Therapie. Das hat die Prognose deutlich verbessert. Dabei werden Tumoreigenschaften, die durch die Untersuchung des entfernten Gewebes bestimmt werden, zur Therapieauswahl herangezogen. Bei unklaren Situationen kann man heute anhand genetischer Analysen und Risikobestimmungen die jeweilige Tumoraggressivität feststellen und damit die Notwendigkeit einer Chemotherapie bestimmen.
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