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Der Siegeszug der Privatmedizin

Die Innere Mariahilfer Straße gehört zu Wiens besseren Adressen. Gleich beim Stadtsaal, wo abends die heimischen Kabarett-Stars auftreten, hat Allgemeinmediziner Oliver Yamuti seine Ordination.

Schnell merkt der Besucher, dass es sich um keine gewöhnliche Hausarzt-Praxis handelt. Das großzügige Besprechungszimmer ist mit Antik-Möbeln und Plastiken aus Fernost eingerichtet. Es gibt ein „Herrenzimmer“ und ein „Apfelzimmer“ – zwei Therapieräume die nach Feng-Shui-Kriterien gestaltet sind. Der Duft von Räucherstäbchen liegt in der Luft.

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Seit 15 Jahren ordiniert Yamuti hier als Wahlarzt, also  als Privatarzt ohne Kassenvertrag. Seine Patienten müssen ihm ein Honorar zahlen, danach können sie einen Teil davon von der Kasse zurückverlangen. Yamuti bietet Schulmedizin genauso an wie komplementäre Methoden wie etwa Orthomolekulare Medizin oder TCM

Schon früh hat er gemerkt, dass das klassische Kassenarzt-System nichts für ihn ist. „Man hat alle Nachteile eines Angestellten und eines Selbstständigen.“

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Entscheidend sei der Faktor Zeit, betont der Mediziner: „Das Gespräch mit dem Patienten macht für mich 50 Prozent der Therapie aus. Manchmal dauert es bei mir 30 Minuten oder mehr. Ein Kassenarzt, der sich im Schnitt nur drei Minuten um einen Patienten kümmern kann, hat dafür einfach keine Zeit.“  Das  Honorierungssystem und der Hausarzt-Mangel zwinge seine Kassen-Kollegen dazu, so viel Patienten wie möglich abzufertigen: „Ich habe viele Kollegen, die kurz vor dem Burn-out stehen.“ Sie würden pro Woche 600 Patienten in der Ordination versorgen, dazu kämen noch die Hausbesuche. Yamuti hingegen behandelt 60 bis 70 Patienten pro Woche.

Lange Wartezeiten in der Ordi oder auf einen Termin gibt es bei Yamuti nur in Ausnahmen. Kein Wunder, dass immer mehr Patienten von den Kassen- auf die Wahlärzte ausweichen. Das lässt sich am enormen Anstieg der Kassenausgaben für Wahlarztleistungen ablesen. Von 2010 bis 2017 stiegen sie von 139 Millionen Euro auf 206 Millionen Euro, ergab eine Anfrage der Neos. Hinzu kommen noch die Ausgaben, die die Patienten selbst übernehmen.

Insgesamt kam es mit dem Boom der Wahlärzte zu einem beachtlichen Zuwachs bei den Privatmedizinern, während die Zahl der Kassenärzte stagniert:

 

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Experten warnen davor, dass sich damit der Trend zur Zweiklassenmedizin verstärkt. Weil die Kassen die Kosten für Wahlärzte nur teilweise ersetzen, bleiben sie für viele Patienten unerschwinglich.

2000 Euro hat sich Eleonora Knechtel die Behandlung ihrer schmerzhaften Gelenke durch Dr. Yamuti allein im Vorjahr kosten lassen.

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Auch mit der medizinischen Versorgung war sie nicht zufrieden. „Für meinen Kassenarzt galt ich als austherapiert. Es hieß, ich müsse mich an die Schmerzen gewöhnen.“ Unter anderem dank einer Infusionstherapie bei Dr. Yamuti gehe es ihr mittlerweile wieder viel besser. Es handelt sich um laut Knechtel um Therapien, die Kassen-Fachärzte nicht anbieten würden, weil die Kassen sie nicht erstatten.

Auch Patientin Silvana Ptacek schrecken die Wahlarzt-Kosten nicht ab: „In einer Kassenordination ist der Arzt König, hier bin ich König.“

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Vor allem schätzt sie die „Menschlichkeit“ ihres Arztes, die Zeit, die er sich für sie nehme. „Ich kann ihn immer anrufen“, schwärmt Ptacek

Yamuti selbst sieht sich nicht als Speerspitze der Zweiklassenmedizin. Bei der Preisgestaltung nehme er auf weniger Wohlhabende Rücksicht. „Dadurch habe ich ein sehr gemischtes Klientel – von der Putzfrau bis zum Generaldirektor.“