Leben/Essen & Trinken

Sind Vegetarier die besseren Menschen?

Ex-Beatle Paul McCartney und seine Familie verzichten seit Jahren auf Fleisch. Sie gehören damit zu der in der westlichen Welt immer größeren Gruppe von Menschen, die vegetarisch oder gar vegan leben. Gemeinsam mit Emma Stone macht McCartney jetzt Werbung für einen Veggie-Day, um so das Klima zu schonen.

Wie der Sänger machen sich viele Vegetarier und Veganer Gedanken um die Umwelt. Eine Studie, die jetzt von der Universität Mainz (D) veröffentlicht wurde, zeigt nun, wie vegane bzw. vegetarische Ernährung und spezifische Persönlichkeitsmerkmale zusammenhängen. Das Ergebnis: Fleischverweigerer sind vorwiegend weiblich, jünger, und besser gebildet. Sie sind offener für neue Erfahrungen und liberaler. Sie haben ein größeres Vertrauen in ihre Mitmenschen, sie sind zudem politisch interessierter.

Perfekte Menschen sind sie dennoch nicht: Sie geben an, weniger gewissenhaft zu sein. Veröffentlicht wurde die Studie in der renommierten Fachzeitschrift Appetite.

Missionarischer Eifer

Viele überzeugte Fleischliebhaber können das kaum glauben. Haben Vegetarier doch den Ruf, intolerant und missionarisch zu sein. "Die gibt es sicher", meint auch Felix Hnat, Geschäftsführer der veganen Gesellschaft. "Doch die sind die Ausnahme. Sie fallen eben besonders auf, weil sie laut sind."

Der Grund, warum Fleischverweigerer eine Abwehrhaltung hervorrufen, ist ein anderer, wie Wissenschaftler der Universität Queensland (Australien) herausgefunden haben: Fleischesser trennen zwischen dem Schnitzel auf dem Teller und dem Tier, zu dem sie eine Zuneigung haben – und haben keine Gewissensbisse. Sitzt jedoch ein Vegetarier neben ihnen, der einen panierten Zeller verspeist, wird ihnen plötzlich bewusst, was sie da gerade essen. Sie fühlen sich moralisch unterlegen – ergo sofort angegriffen.

Doch vielleicht werden die Gräben zwischen Fleischliebhabern- und verächtern kleiner. Schließlich gibt es immer mehr Flexitarier – Menschen, die selten ein Steak oder ein Schnitzel essen, dafür aber auf die Qualität achten. "Ich esse auch ab und zu Fleisch", bekennt selbst Paul Ivic, der im Restaurant Tian zeigt, dass man mit vegetarischer Küche drei Hauben erkochen kann. "90 Prozent unserer Gäste sind keine Vegetarier, aber wir bieten etwas Neues, weshalb sie sich bei uns wohlfühlen."

Steak-Restaurant

Da verwundert es nicht, dass Andreas Flatscher in seinem Steak-Restaurant Flatschers in Wien nichts von einem Veggietrend bemerkt: "Wir sehen bei uns, dass gerade Frauen sehr gerne Fleisch essen. Zu uns kommen viele, die sehr körperbewusst sind." Er erklärt sich das so: "Fleisch enthält wenig Kalorien, aber viel Eiweiß und ist lactose- und glutenfrei." Er kennt persönlich viele Vegetarier und wird ab Jänner eine vegetarische Alternative auf seiner Karte anbieten, ebenso Low-Carb-Burger. "Ich erlebe Vegetarier keinesfalls genussfeindlich. Fleisch meiden die meisten eher aus ethischen Gründen."

Dass es vor allem wichtig ist, möglichst hochwertige Lebensmittel zu konsumieren, bestätigt die Ernährungspsychologin Sonja Schabmann. Für sie gehört Fleisch zu einer ausgewogenen Ernährung. "Es ist schon so, dass das, was wir essen, Einfluss auf unsere Persönlichkeit hat", ist sie überzeugt. "Unser Gehirn wird durch unsere Nahrung beeinflusst. Einige Studien weisen sogar auf einen Zusammenhang von Nahrung und Krankheiten wie ADHS, Alzheimer oder Depressionen hin." Leider seien gesunde Lebensmittel, die nicht industriell verarbeitet sind oder nicht durch Antibiotika oder Pestizide belastet sind, teuer.

Keine Religion

Auf seine Ernährung zu achten ist also gut: "Man sollte daraus aber keine Religion machen", sagt Harriet Vrana vom Frauengesundheitszenturm Fem: "Wer sich vor allem über sein Essen definiert, bei dem ist die Weltoffenheit dann schnell eingeschränkt." Aus Erfahrung weiß sie, dass es unter den veganern auch Frauen – seltener Männer – gibt, die hinter ihrer Ernährungsphilosophie eine Essstörung verbergen: "Das sind oft hoch sensible Menschen, die ein starkes Kontrollbedürfnis haben."

Ein Veggie-Tag, wie ihn Paul McCartney will, tut aber sicher jedem gut. Das Video sehen Sie hier:

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