Leben/Essen & Trinken

Mut, den man nicht kaufen kann

Wer das burgenländische Pamhagen heute noch nicht kennt, der wird diesen Ort wahrscheinlich auch nie in seinem Leben besuchen. Warum? Pamhagen liegt hart an der Grenze zu Ungarn, und - um eine abgedroschene Phrase zu strapazieren - exakt dort, wo die Füchse einander Gute Nacht! bzw. Jó észjakát! wünschen. Auch für den Landwirt Werner Michlits sen. war es hier vor mehr als 20 Jahren sehr eng. Die Grenzbalken waren noch unten. Die Schengengrenze lag nebenan. Michlits - seiner Zeit voraus - entschloss sich nach Ungarn zu expandieren. "Irgendwie hatten die Michlits' damals schon die richtige Nase", sagt ein älterer Mann aus Pamhagen.

Haben die Michlits' - bekannt ist der Familienbetrieb auch unter dem Namen Meinklang - heute noch die richtige Nase fürs Geschäft? Glaubt man Barbara van Melle von Slow Food, lautet die Antwort: Ja. Sie hält große Stücke auf den Mischbetrieb und hat bemerkt: "Die Landwirtschaft der Familie Michlits war schon bio, als andere noch gar nicht wussten, was das heißt."
Horrorshow "Ob wir wirklich die ersten waren, kann ich nicht sagen", sagt Demeter-Winzer Werner Michlits jun. Was er sagen könne, sei: "Der Beginn war ein Horror. Die Bezeichnung Spinner war noch die kleinste böse Nachrede."
Heute sei die Situation besser, so sein Bruder Lukas, der für die Apfelplantagen und Viehzucht zuständig ist: "Doch wenn ich nächtens in den Weingärten Tee oder Jauche spritze bezeichnen mich manche noch immer als Schamane." In der Nacht wird deshalb gespritzt, weil die Verdunstung sehr gering ist.

Ökoinseln

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In den vergangenen Jahren habe es in der Bio-Landwirtschaft ein großes Wachstum gegeben und "eine enorme Kommerzialisierung", erklärt der Bio-Weinbauer: "Dadurch ist zwangsläufig Natürlichkeit, Spontanität, letztlich die Lebendigkeit selbst verloren gegangen." Landwirtschaft - so wie die Michlits sie leben wollen - sollte nicht statisch sondern bodenständig-dynamisch sein. "Das entspricht der Natur, also auch der des ursprünglichen Bauernstandes."

Und daher geht Michlits wieder neue Wege. Er hat genug von "geradlinig aufgefädelten" Rebstöcken, "die wie Soldaten beim Appell stehen". Familie Michlits hat auf einer zehn Hektar großen Rebfläche 27 Ökoinseln mit je rund 150 geschaffen. Das Zentrum jeder Insel bildet je ein Obstbaum - Mandeln, Zwetschken und Quitten. Weitere Bäume werden ringsum nach dem Prinzip keltischer Baumkreise gepflanzt. Hochstämmige Apfelbäume bieten Lebensräume für Vögel, Kleinsäuger und Insekten. Spitz- und Feldmaus, Igel, Steinmarder und der seltene Gartenschläfer leben rund um die Streuobstbäume.

Bei Meinklang wird der Schwarze Holler hoch gehalten, von dessen Früchten sich mehr als 60 Vogelarten ernähren. Ergänzt werden die Pflanzen-Oasen durch Sträucher, Kräuter, Gemüse und Blumen - insgesamt mehr als 300 Arten. Werner Michlits: "Uns geht es darum, sich auf den Ursprung des Begriffs 'Wein-Garten' zu besinnen und einen echten Garten mit Obst, Gemüse, Rebstöcken und Kräutern zu gestalten."

Klein, aber fein

Michael Andert, ebenfalls aus Pamhagen und Bio-Weinbauer, geht ähnliche Wege, aber mit kleineren Schritten. Er bewirtschaftet 4,1 Hektar (im Gegensatz zu Michlits, der 65 Hektar bearbeitet) . Auch er beobachtet Veränderungen in der Bio-Landwirtschaft, "aber im Grund ist das der einzige Weg, dass unser Kosmos überlebt". Und: "Es erfordert Mut unbekannte Wege zu gehen, oder ungewohnte Maßnahmen zu ergreifen."

Andert lebt und liebt Bio-Dynamik - kompromisslos. In seinem Weinkeller gibt es keinen Strom. "Die Weine müssen in Ruhe reifen, das können sie ohne Licht perfekt." Elektrischen Strom habe es früher auch nicht gegeben.

Michael Andert ist nicht nur ein sehr guter Weinbauer (vor allem der Ruländer ist zu empfehlen) , sondern auch ein gesangsfreudiger Zeitgenosse. Deshalb hat er einen Chor gegründet. Am liebsten singt der Chor im Weinkeller ohne Licht, bei Kerzenschein - für Andert der schönste Chorsaal der Welt: "Dort spielt's Halleluja."

Rezept vom Bauern

Rhabarber-Kuchen

15 dag Butter mit 15 dag Zucker und Bourbon-Vanillezucker schaumig schlagen. 15 dag frisch gemahlenes Dinkel-Vollkornmehl mit ½ Packung Weinstein-Backpulver mischen und es nach und nach mit 4 Eigelb, 2 EL Rum und 15 dag geschmolzener dunkler Schokolade unterrühren. 4 Eiweiß sehr steif schlagen, den Schnee vorsichtig unterheben. Den Teig auf ein mit Butter eingefettetes Backblech gießen und mit frisch gepflücktem, klein geschnittenen Rhabarber belegen. Das Rezept lässt sich mit saisonalen Früchten variieren.