Leben/Essen & Trinken

Kopf ab? Lassen wir die Hähne leben!

Nicht alle Tiere verbringen ein glückliches Erdendasein auf dem Bauernhof. Alleine in Deutschland werden jährlich 45 Millionen männliche Küken nach der Geburt geschreddert: Betriebe konzentrieren sich lieber auf rentable Legehennen. Nicht nur der Eier wegen, sondern weil sie auch mehr Gewicht auf die Waage bringen als die schlanken Hähne. Gockel zeichnen sich durch ein festeres und dünkleres Fleisch aus als ihre "Schwestern" und ihre kastrierten Brüder – die Kapaune. Damit die Hähne auch wieder krähen dürfen, haben sich "Ja! Natürlich" und die Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" ein vorbildliches Projekt für die männlichen Küken überlegt. Für alle Feinschmecker heißt es, schnell sein: Nur eine begrenzte Anzahl an Gockeln bringt Rewe zwischen 27. September und 2. Oktober in allen Merkur-Filialen und in den Ja! Natürlich-Fleisch-Vitrinen in den Verkauf. Die große Unbekannte für "Ja! Natürlich"-Geschäftsführerin Martina Hörmer war: "Wie verhalten sich 3000 Hähne?"

Reine Buben-Gruppe

Mit Spannung wurden mögliche Hahnenkämpfe abgewartet: Aber die reine Buben-Gruppe genoss das Leben unter sich, auch wenn es nicht besonders lange dauert. Anfang des Jahres startete die Aufzucht mit rund 3000 männlichen Küken, die im Energiewald in Marchegg im Freien aufgezogen wurden. Vier Monate entspricht die Mast, bis es "Kopf ab" heißt. Dreimal so lange wie in der konventionellen Hühnermast und doppelt so lange wie in der Biomast. Auf Grund des Erfolgs kamen im Juli wieder 3000 Hähne zur Aufzucht. "Ja! Natürlich" entschied sich für eine spezielle Geflügel-Rasse: Das Fleisch lässt sich sowohl von Henne als auch Hahn verwenden, die Hennen legen jedoch weniger Eier als normale Legehennen, die Hähne wiederum haben ein bisschen mehr Fleisch auf der Brust. Bereits seit Mitte März kann der Konsument Eier des Pilotprojekts "Haushuhn & Gockelhahn" in allen Merkur-Filialen und ausgesuchten Billa-Filialen kaufen: Laut Rewe gibt es positive Resonanz seitens der Kunden – die Nachfrage sei so groß, dass die limitierten Mengen schnell vergriffen seien.

Wie schmeckt ein Hahn?

Die Franzosen lieben den Hahn im Topf: Coq au vin zählt in Frankreich zu den Nationalgerichten. Im Sommer stand am Donaukanal ein kleiner Hahn-Bräter gegenüber vom Badeschiff: Bei einer Umfrage vom KURIER fielen die Antworten der Gäste recht eindeutig aus: "Achso? Das ist Hahn? Ich hab keinen Unterschied geschmeckt." Martina Hörmer: "Hähne müssen langsamer braten, man muss mit der Hitze variieren." Bei der Präsentation des Projekts vor Journalisten vertraute Rewe auf die Kochkünste von Haubenkoch Christian Petz. Der Koch: "Das, was wir als Hendl kennen, lehne ich schon lange ab. Beim Fleisch des Hahns haben wir etwas zu beißen und er schmeckt noch nach 'Huhn', wie wir es aus unserer Kindheit kennen." Große Unterschiede sind für den Laien kaum festzustellen. Das magere Fleisch schmeckte eine Spur intensiver. Für das Projekt spricht vor allem der neue eingeschlagene Weg in der Geflügelaufzucht und die gute Tat, wenn es heißt: Lasst die Hähne leben. Zumindest bis sie im Topf landen.