Tricksen Supermärkte bei Mindesthaltbarkeitsdatum?
Eine Greenpeace-Umfrage unter den größten österreichischen Molkereien hat ergeben, dass sie das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) bei ihren Produkten offensichtlich willkürlich festlegen. Bei ganz normaler, industriell hergestellter Butter etwa kann sich das MHD um bis zu 45 Tage unterscheiden. Einige Hersteller gaben auch zu, dass bei bestimmten Produkten das MHD auf Wunsch des Handels gekürzt wird.
"Damit haben wir es jetzt Schwarz auf Weiß, dass der Handel bestimmte Milchprodukte mit einem unnötig kurzen MHD versehen lässt", ärgerte sich Konsumentensprecherin Nunu Kaller. Die Ursache dafür ortet die Umweltschutzorganisation bei überzogenen Produktanforderungen durch den österreichischen Handel sowie bei gewissen Gütezeichen wie AMA. Bei Exportprodukten werden die Fristen hingegen verlängert.
Unterschiedliche Angaben bei großer und kleiner Butter
Ein Beispiel sind die Fristen bei Spars Bio-Butter: Die 250-Gramm-Packung lässt Spar mit einer Frist von 55 Tagen versehen, die 125-Gramm-Packung hingegen mit 60 Tagen. "Dabei sollte man meinen, dass gerade kleinere Butterpackungen empfindlicher sind, da diese schneller auf kurzzeitig höhere Temperatur reagieren", sagte Kaller.
"Bei den Antworten kann man sich nur wundern", fasste die Konsumentensprecherin die Ergebnisse der Umfrage zusammen. "Neben der Butter sind auch die Spannen beim MHD für das Naturjoghurt und für frisches Schlagobers nicht nachvollziehbar", erklärte Kaller. Bei dem Joghurt liegt das MHD zwischen 30 bis 45 Tagen nach der Produktion, bei Schlagobers zwischen zehn bis 14 Tagen. "An unterschiedlichen hygienischen Standards in den Molkereien kann es jedenfalls nicht liegen.
Einheitliches Verfahren zur Festlegung von MHD
Greenpeace forderte daher ein einheitliches Verfahren zur Festlegung von realitätsnahen MHD: "Das MHD muss geregelt werden. Es kann nicht sein, dass, wenn zwei Molkereien am gleichen Tag vergleichbare Butter produzieren, Molkerei A 30 Tage für das MHD festlegt und Molkerei B 75 Tage", meinte Kaller. Neben der Butter hat Greenpeace auch für Naturjoghurt (3,6 Prozent), Schlagobers sowie sogenannte länger frische Milch die jeweiligen "Haltbarkeitsfristen" sowie die Gründe für die Festlegung von diesen bei den zehn größten österreichischen Herstellern abgefragt.
Skurril war für die NGO auch, dass bei Milchprodukten, die vor den Feiertagen abgefüllt werden, das MHD später angesetzt wird, als bei jenen zu feiertagsfreien Phasen, so Kaller. Den Konsumenten rät Greenpeace, sich speziell bei Milchprodukten auf die eigenen Sinne zu verlassen. "Wenn ein Produkt das MHD überschritten hat, zuerst schauen, riechen und schmecken. So erkennt man immer, ob die Butter, das Joghurt oder das Schlagobers noch genießbar ist", sagte Kaller. Der Langzeittest von Greenpeace hat jedenfalls ergeben, dass zum Beispiel Naturjoghurt auch ein halbes Jahr nach dem MHD noch immer nicht verdorben war.
Aufmachen, riechen, kosten – und gegebenenfalls wegwerfen. Dieser Test funktioniert bei offenen und leicht verderblichen Lebensmitteln wie Milch recht einfach. Bei abgepackten Genussmitteln wie Kaffee oder Nudeln funktioniert dieser Test allerdings nur, wenn man die Verpackung öffnen will.
Geht es nach der EU braucht es solch einen Test bei diesen Lebensmitteln auch gar nicht, seit langem wird sogar eine Abschaffung des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) bei besonders lange haltbaren Lebensmitteln debattiert. Die Angabe zur Mindesthaltbarkeit verrät übrigens nicht, wie lange das Lebensmittel verzehrt werden kann. Das Datum gibt Auskunft darüber, wie lange ein Nahrungsmittel bei richtiger Lagerung seine Eigenschaften wie Konsistenz, Nährwert oder Geschmack mindestens behält. Immer vorausgesetzt die Lebensmittel sind frei von Schimmelpilz, dieser breitet sich bei feuchter oder warmer Lagerung aus. Luftdicht verpackte Lebensmittel schimmeln weniger leicht. Experten raten daher dazu, mit Schimmel befallene Lebensmittel wegzuwerfen. Im Unterschied zum MHD sagt ein Verbrauchsdatum, bis wann Nahrungsmittel verzehrt werden sollen.