Leben/Essen & Trinken

Warum Haubenköche auf Asche und Erbsen stehen

Wer einen Blick in das kulinarische Tagebuch von Martina und Karl Hohenlohe wirft, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Die Chefredakteurin und der Herausgeber des Gault & Millau durften heuer 1216 Teller Haubenküche verkosten. Der Wert solch eines "verfressenen" Lifestyles entspricht einem Mittelklassewagen.

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Zwischen Lamento und Laudatio bewegt sich ihre Bewertung der verspeisten Kost: "Nach zahlreichen Reisen ins Ausland können wir sagen, dass sich unsere Elite mit den Weltbesten messen kann, allerdings brauchen die heimischen Köche eine eigene Linie. Österreich ist eine riesige Speisekarte: Am Ende reicht es nicht, wenn wir begnadete Kopisten sind, wir müssen unsere kulinarischen Schätze wie Milch, Speck, Pilze oder Wild in den Mittelpunkt der Weltöffentlichkeit rücken. Die nordische Küche hat die Challenge erkannt und sich neu erfunden. Das müssen wir auch", so Martina Hohenlohe.

Kochen mit Asche

Am liebsten setzen unsere Haubenköche ihre lukullischen Kunstwerke derzeit mit Asche in Szene. Dabei handelt es sich nicht nur um optische Spielereien wie graue Zeichen am Teller: "Wenn Asche zu intensiv eingesetzt wird, übertönen ihre rauchigen und harzigen Nuancen andere Komponenten. Gut in Erinnerung habe ich einen gebeizten Saibling im Aschemantel von Charly Teuschl und Holzkohlen-Lauch mit Roten Rüben und fermentiertem Lauchsaft von Andreas Döllerer."

Desserts aus Gemüse

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Als das Super-Gemüse heimischer Haubenküche bezeichnen die Feinschmecker die Erbse samt ihren Schoten und Sprossen: "Jeder Haubenkoch setzte heuer auf Erbsenzählerei: Konstantin Filippou, Koch des Jahres 2016, kreierte etwa gelungene Blunzenravioli mit Oktopus und Erbse. Der Hype ist verständlich, weil sich aus der Erbse viel zubereiten lässt, auch außergewöhnliche Desserts."

Überhaupt sei nun das süße Zeitalter der Pâtisserie angebrochen, die aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht ist. Ein unvergessliches Dessert tischte Harald Irka von der "Saziani Stub’n" auf: Er setzte einen getrockneten Kräuter-Seitling – also einen Pilz – als Nachspeise gekonnt in Szene. Dass Gemüse sich nicht nur für pikante Kompositionen eignet, beweist auch "Tian"-Pâtissier Thomas Scheiblhofer mit seiner "Sacher entwurzelt": Dem alten Pärchen Schokolade und Marille hängt er keck eine Karotte vor die Nase.

Tee aus gegrillten Wassermelonen

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Rotwein zum Steak, Süßwein zum Dessert – das war einmal. Mittlerweile darf es im Gourmettempel auch ein Weißer Tee zu Fisch sein. Hohenlohe: "Sommeliers müssen dieser Tage viel dazulernen. Weinkunde reicht längst nicht mehr aus, der Gast möchte ein besonderes Spezialbier oder Säfte aus seltenen Obstsorten angeboten bekommen. Gelungen ist die Craft Beer-Begleitung im "Charlie P's Dining Room", allerdings muss die Begleitung keinesfalls dogmatisch konzipiert sein, je nach Speise dürfen sich Bier, Wein und Saft abwechseln. Mein verrücktestes Getränk war heuer ein Tee aus gegrillten Wassermelonen."