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Douro: Wo sie den Wein mit Füßen treten

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Wir schreiben das Jahr 2012. Die Weinwelt ist fest in der Hand von Cabernet Sauvignon, Shiraz, Merlot und Chardonnay. Nur ein paar kleine Weinbaugebiete und Länder bieten der Globalisierung des Weingeschmacks Paroli. Nein, die Rede ist diesmal nicht von Österreich. Wir sprechen vom Douro in Portugal. In einem Weinbaugebiet, das bis vor kurzem nur für seine Portweine bekannt war, entdeckt der Weinfreund spannende  Rebsorten und autochthone Weine. Auf seiner Reise über den Fluss, enge Straßen, steinige Wege und steile Pässe schließt er Bekanntschaft mit Touriga Nacional, Touriga Franca, Tinta Roriz, Tinto Cao und Tinta Barroca. Auch nach dem zehnten Mal hören scheint es leichter, alle Entdecker zu memorieren, die von Portugal aus die Welt erkundeten, als sich diese Namen zu merken. Der Freund des guten Trinkens lernt neben neuen Worten aber auch Weinmacher kennen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, jedoch eines gemeinsam haben, ihre Verrücktheit nach Qualität. Fünf der Besten haben sich unter dem Namen "Douro Boys" zusammengetan, wegen der gemeinsamen Vermarktung des Gebietes und ihrer Philosophie des Weinmachens.

Saubere Füße sind Pflicht

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Mehr als drei Jahrhunderte lang produzierten sie im Douro nur Portwein. Der Rest war uninteressant. Nach klassischer Methode wird der Portwein auch heute noch gemacht, was in unserem High-Tech-Zeitalter fast rührend altmodisch wirkt. Die Trauben kommen nach der Ernte in den Lagare, ein aus Granit gemachtes Becken von etwa einem Meter Höhe mit 16 m2 oder mehr oder auch weniger. Dann ziehen sich die Erntehelfer kurze Hosen an und die Schuhe aus, waschen sich die Füße, steigen in den Lagare und pressen mit den bloßen Füßen den Saft aus den Trauben, während sie mehrere Stunden in dem Gemisch aus Traubenschalen und Saft waten. Danach setzt die Gärung ein, welche später, wenn Farbe und Tannine ausgelaugt und der Zucker auf den gewünschten Süßegrad vergoren ist, durch die Beigabe von 77% Brandy gestoppt wird. Sie treten also ihren Wein mit Füßen, was viel zärtlicher ist als es klingt. Dirk Niepoort, einer der fünf mit internationalen Awards verwöhnten Weingutbesitzern: „Der Druck der Fußballen wirkt auf die Trauben anders als eine mechanische Presse. Die Weine werden dichter.“

Revoluzzertum

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Auf Besuch im Niepoortschen Weingut auf einem Hügel oberhalb eines Nebenflusses des Douro. Im Douro ist es gerade kalt, eine Nebeldecke liegt über den Tal, während in der Hafenstadt Porto die Sonne scheint. Normalerweise ist es umgekehrt: Porto kühler und regnerisch, das Douro im Sommer heiß mit bis zu 50 Grad. Da flüchtet der kann, in den nächsten Pool. Als Dirk Niepoort begann, hier trockene, leichte Weißweine zu machen, zusätzlich zu den Rotweinen, mit denen er bereits einige Achtungserfolge errungen hatte, erklärten ihn einige für verrückt. Jetzt lacht keiner mehr. Im Gegenteil: sie vergeben loebende Kritiken an die Weine, die in punkto Preiswürdigkeit in Europa höchstens noch von Süditalien oder dem französischen Languedoc Konkurrenz haben. Sagt Francesco Ferreira, als  ich mit ihm auf dem wunderschönen Weingut Vallado einen Rotwein mit Kleeblattlogo probiere, der ab Keller etwas mehr kostet als ein Wiener U-Bahn-Fahrschein und teuflisch gut schmeckt: "Wir wollten einen billigen Ableger unseres Vallado machen. Allerdings haben wir dabei die gleichen Methoden angewendet wie bei unseren anderen Weinen und so ist das daraus geworden."

Zu billig

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Viel zu gut für den Preis soll das wohl heißen. So ein Pech aber auch. Der Wein wird nur in Portugal in Supermärkten verkauft. Man will sich nicht das eigene Geschäft ruinieren. Das Weingut Vallado beherbergt übrigens nicht nur einen State-of-the-Art-Weinkeller, sondern auch eines der schönsten Hotels Portugals. Eine andere Geschichte. Der Reiz der alten Weingärten, wo neben den Hauptsorten bis an die 40 weitere Traubensorten kunterbunt durcheinanderwachsen, lässt sich nicht mehr wieder herstellen. Die alten Rebstöcke, die nur einen halben Meter aus dem Boden reichen und mit Handarbeit gepflegt und geerntet werden, reichen bis zu 15 Meter in den Boden, der je nach Lage aus Schiefer oder Granit besteht.

Blendwerk

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Für den Oenologen, der für die Qualität des Weins verantwortlich ist, sind diese Weingärten ein besonderer Spaß. Denn keiner ist wie der andere. Einmal weist der Garten mehr gegen Süden, einmal gegen Norden. Dieser hier ist in Flussnähe, der andere siebenhundert Meter weiter oben - wo es abends richtig kühl werden kann. Mühsam zu begehen sind sie alle, denn das Weinbaugebiet Douro ist steil bis gebirgig und nicht flach. Nicht die Sorte ist es, die den Wein prägt, sondern die Lage. Schließlich entscheidet der Weinmacher über den Blend, das Mischverhältnis der Weine aus verschiedenen Lagen, die bis zum Ende getrennt vergoren werden und in Fässern oder Stahltanks reifen.  Die Weinmacher im Douro gehören nicht zu den schlechtesten, denn ihr Job ist anspruchsvoll. Manuel Lopbo, der auf Quinta do Crasto den Wein macht, war jahrelang in Australien bei Penfolds. Joanna, die mich im Weinkeller von Qunta do Vale Dona Maria stolz ihren 10er Jahrgang probieren lässt ("Ein schwieriges Jahr, sehr aufregend") hat in Lissabon Agrarwirtschaft mit Schwerpunkt Wein studiert.

Während der Erntezeit macht sie kein Auge zu. Es ist ungeheuerlich schwierig, die unterschiedlichen Lagen zum perfekten Zeitpunkt zu ernten. Und ein paar Tage länger bei großer Hitze können alles unbrauchbar machen. Die Douro Boys sind alles andere als einfache Weinbauern. Francisco "Vito" Olazabal von der Quinta do Vale Meao war Präsident des Portweinverbandes, kaufte das Weingut von seinen Verwandten nach und nach zusammen, investierte ungeheure Summen und pflanzte neue Weingärten, wobei ihm vor allem die Touriga Nacional ein Anliegen ist. Mit seinem verbeulten Jeep fährt er mich in die Weinberge über dem Familiensitz. Vitos Fahrstil gleicht einem Schleudergang in der Waschmaschine. Aber irgendwie schafft er es souverän, dass wir nicht gemeinsam mitten zwischen den Weinstöcken landen. Vito ist frankophil, hat sich im Bordeaux umgeschaut und schon seine ersten Weine waren ein Wurf, die er mit Sohn Xito, studierter Oenologe, auf den Markt brachte.

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Wie die Franzosen konzentriert er sich weniges Gutes, also auf zwei Rotweine und eien Vintage Port. Die Finanzierung des Unternehmens besorgte der Douro teilweise selbst: "Als sie die Dämme bauten, bekamen wir für die alten Weingärten, die im Wasser verschwanden, eine Abfindung, die locker reichte, um im neuen Weingut einiges zu bewegen." Gut investiertes Geld, denkt der Weinfreund und nimmt noch einen Schluck vom Qutinta do Vale Meao.

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