Leben/Essen & Trinken

Der Hype um die echte neapolitanische Pizza

Außen knusprig, innen weich. So einfach ist es nicht. Der "Verein zum Schutz der wahrhaftigen neapolitanischen Pizza" – die Associazione Verace Pizza Napoletana – kennt kein Pardon, wenn es um die authentische Machart ihres Nationalstolzes geht. In ihrem zehnseitigen Dokument formulieren die Hüter der Zunft strenge Regeln: Echte Pizzen sind ausschließlich Marinara (Paradeiser, Öl, Oregano, Knoblauch) und Margherita (Paradeiser, Öl, Mozzarella oder Fior di latte, gratinierter Käse, Basilikum). Pizzen belegt mit burgenländischem Rohschinken? Oder mit Vorarlberger Bergkäse? Ein kulinarischer Frevel. Pappkarton? Ebenso! Das Reglement verweigert Pizzerien gar das Gütesiegel, wenn es Pizzen zum Mitnehmen gibt.

Leicht zu falten

Die süditalienische Stadt sieht sich als Geburtsort der Pizza: Rezepte aus dem 19. Jahrhundert zeugen davon, dass die belegten Teigfladen damals bereits so aussahen wie heute. Gebacken wird die "Vera Pizza Napoletana" ausschließlich in einem Holzofen bei 485 Grad. Die Kochzeit sollte 60 bis 90 Sekunden nicht überschreiten. Erkennungsmerkmal der authentischen Handwerkskunst im süditalienischen Stil: Sie sollte weich, elastisch und leicht zu falten sein. Die Mitte (vier Millimeter dick) sollte besonders zart am Gaumen sein, wobei die Farbe der Sauce im Mittelpunkt stehen muss. Öl, Basilikum und Knoblauch gehen eine Symbiose mit der Sauce ein.

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Den Hype gibt es derzeit nicht nur in Wien, sondern überall auf der Welt.


In den vergangenen Wochen eröffnete in Wien eine Pizzeria nach der anderen – und alle behaupten, im authentischen Napoli Style zu backen. Maria Fuchs landete bereits im Jahr 2008 einen Coup mit ihrer "Pizzeria Mari" und wiederholte ihren Erfolg mit der "Disco Volante" im Jahr 2013: "Den Hype gibt es derzeit nicht nur in Wien, sondern überall auf der Welt. Ich sage bewusst, dass Neapel zwar unser Vorbild ist, aber wir erfüllen ganz sicher nicht alle Kriterien des Vereins, und das wollen wir auch gar nicht."

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Aber was macht eine neapolitanische Pizza aus? Die einzigartige Elastizität des Teiges entsteht durch spezielle Mehlsorten, die beim mehrmaligen Mahlen (Tipo 00) – je feiner, desto besser – einen sehr hohen Kleber-Anteil entwickeln. Den typischen Geschmack erzeugt der "Lievito madre" ("Mutterhefe"): Dabei handelt es sich um einen milden Weizensauerteig. Pizzaioli schlagen den Teig mehrmals auf, anschließend ruht dieser mindestens eine Nacht lang. Je länger, desto besser für den Geschmack. In dieser Zeit wird die Stärke aufgespalten und Zuckermoleküle werden zu Kohlendioxid vergoren. Fein-säuerliche Aromen und kleine schwarze Punkte entstehen im Teig.

Schwarz wie Kohle

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Zur perfekten Pizza gehört das Backen im Holzofen: Manche sprechen angesichts schwarzer Brandblasen von einem Qualitätsmerkmal. Das stimmt nur bedingt. Wie beim Grillen über einem Holzfeuer entstehen diese, weil sich die Hitze in einem Holzofen nicht gleichmäßig regulieren lässt. Da der Teig sofort Blasen wirft, verkohlt der Pizza-Rand an manchen Stellen. "Viele Gäste wundern sich, warum die Paradeiser auf ihrer Pizza roh sind: Wegen der hohen Hitze und der geringen Backzeit werden Zutaten auf der neapolitanischen Pizza nur erhitzt. Deswegen könnte es eine Pizza mit Kartoffelscheiben wie in Rom in Neapel nur geben, wenn die Kartoffeln vorgekocht werden", sagt Fuchs.

Und wenn die Pizza in Neapel trotz der besten Zutaten und der hohen Handwerkskunst noch immer besser schmeckt als in Wien? Fuchs: "Dann liegt es am Wasser. Das ist wie beim Kaffee."

Riva Favorita, 1040 Wien

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Die unter Italo-Fans gehypte Riva von Schuh-Unternehmer Alessandro d’Ambrosio versorgte schon bisher auf der Summerstage und in Wien-Alsergrund mit Pizza nach neapolitanischer Machart. Jetzt gibt es einen schmucken Standort auf der Favoritenstraße.

Info: Riva Favorita, Favoritenstraße 4-6, 1040 Wien, Montag bis Samstag 9 bis 23 Uhr, Sonntag 17:30 bis 23 Uhr

Pizzeria Mari, 1020 Wien

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Maria Fuchs zieht seit 2008 mit ihrer Pizzeria nahe dem Karmelitermarkt Hipsters an. Sie verwendet u. a. die Weizensorte Manitoba, die auch in Süditalien angebaut wird und beim Mahlen einen hohen Kleber-Gehalt entwickelt. Das Ergebnis: ein elastischer Teig.

Info: Pizzeria Mari, Leopoldsgasse 23A, 1020 Wien, Dienstag bis Freitag 12 bis 24 Uhr (Pizza von 12 bis 15 Uhr und 18 bis 23 Uhr), Samstag 12 bis 24 Uhr (Pizza von 12 bis 23 Uhr) Sonntag und Feiertag 12 bis 23 Uhr (Pizza von 12 bis 22 Uhr)

Pizza Quartier, 1020 Wien

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Die Gastronomen Anita Paic und Alessandro Perrella kredenzen am Karmelitermarkt echte Cucina alla Mamma. Für die Pizzen setzen sie auf ihren "Lievito madre" – einen Sauerteig, der mit Mulino-Mehl aus dem Piemont angerührt wird. Dadurch bekommt der Pizzateig eine leicht säuerliche Note.

Info: Pizza Quartier, Karmelitermarkt 96, 1020 Wien, Montag bis Freitag 11 bis 23 Uhr, Samstag 8:30 bis 23 Uhr

Da Ferdinando, 1130 Wien

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Hinter dem kulinarischen Konzept steht Mario Siani – einer der bekanntesten Pizzaioli der Stadt. Der Pizzateig wird wie bei den Konkurrenten ohne Germ angesetzt, das gibt dem Teig eine leicht-säuerliche Note. In der Vinothek lassen sich italienische Weine verkosten und kaufen.

Info: Da Ferdinando, Hietzinger Hauptstraße 26, 1130 Wien, Montag bis Sonntag 8 bis 23 Uhr (warme Küche 11:30 bis 15 Uhr und 18 bis 22 Uhr (Pizzen 11:30 bis 22 Uhr)