Entspannung daheim: Der Tee-Moment
Von Claudia Weber
In der dritten Woche Lockdown fällt daheim vielen bereits die Decke auf den Kopf. Beim andauernden Homeoffice, Homeschooling und der Freizeitbeschäftigung, die so gut wie auch nur in den eigenen vier Wänden stattfinden kann, liegen langsam die Nerven blank.
Sport und Meditieren helfen, den Stress abzubauen, aber auch eine hauseigene, kleine Teezeremonie kann unterstützend sein, den Geist frei zu kriegen und zwischen all den Aufgaben daheim zu entspannen.
Ursprung der Teezeremonie
Norbert Breitenauer ist ein Meister in Teezeremonien. Er ist Obmann des Vereins Uransenke Austria, der sich zur Aufgabe gemacht hat, die Kunst der Teezeremonie bekannt zu machen. „Als im 12. Jahrhundert der Tee von China nach Japan gebracht wurde, entwickelte sich die Teezeremonie. Anfangs war sie eine Meditationshilfe für Mönche, damit diese beim Meditieren nicht einschlafen. Später war sie Symbol für Prunk und Wohlstand.
So gab man mit kostbaren Teegeschirr an. Im 14. Jahrhundert kam die buddhistische Haltung in die Teezeremonie und damit wieder die Schlichtheit. Statt den Teelöffeln aus Elfenbein nahm man jetzt einfache aus Bambus zum Beispiel. Das Besinnen auf das Wesentliche und die Stille standen im Vordergrund.“
Das Ritual
Die traditionell japanischen Teezeremonie gleicht einem Ritual. Zu Beginn faltet der Gastgeber das Seidentuch zum Reinigen der Utensilien. Dann reinigt er Teekanne, Teeschalen und Teelöffel. Auch der kleine Besen zum Aufschäumen des Tees wird mit Wasser gereinigt. „Der Akt ist symbolisch, denn sauber sind die Utensilien natürlich. Hier geht es viel mehr um das Loslassen von Problemen und das Ankommen im Hier und Jetzt“, erklärt Breitenauer.
Mit dem Teelöffel wird schließlich Teepulver in die Teeschale gegeben und mit heißem Wasser übergossen. Danach schlägt der Gastgeber den Tee mit einer W-förmigen Bewegung, bis er schäumt. „Jeder Gast bekommt dann eine Schale Tee, vielleicht auch zwei, aber nie mehr, denn das zeugt von Gier“, so der Experte.
Politik? Verboten!
Eine Teezeremonie kann zwischen 30 Minuten und vier Stunden dauern, wenn dazu auch Speisen gereicht werden. Man spricht übrigens während der Zeremonie nur über das Geschirr. Wer es lackiert hat, welche Ornamente zu sehen sind etc.
Über Politik oder den Alltag wird nicht gesprochen, somit bleiben die Sorgen draußen vor der Tür und man selbst nur im gegenwärtigen Moment. „Man kann bei uns gerne einen Kurs besuchen und den genauen Ablauf lernen, aber auch eine einfache Version für daheim kann bei regelmäßiger Durchführung ein Training in Gelassenheit und Stille sein.“
Teezeremonie für daheim
Für die Version zu Hause braucht man nur eine Teeschale, einen Löffel, Matcha-Tee, einen Teebesen und ca. 70 Grad heißes Wasser. Dann macht man es sich mit den Utensilien am Boden auf einer Decke oder zu Tisch gemütlich – ohne Ablenkung (Musik etc.). Zunächst nimmt man einige Atemzüge, um ganz im Jetzt anzukommen und fokussiert sich anschließend mit allen Sinnen auf die Zubereitung des Tees. Dazu nimmt man (falls man Matcha nicht gewohnt ist) weniger als einen halben Teelöffel Pulver, gießt Wasser in das Gefäß und schlägt den Tee schaumig. Anschließend folgt das schluckweise Trinken.
Wichtig dabei ist, dass man sich wie in der Meditation gedanklich nur auf den Atem und das Teetrinken konzentriert. Wie fühlt sich die Tasse in den Händen an? Wie riecht der Tee? Wie schmeckt er? Was löst das in mir aus? Alle Sinne sollten ganz auf den Akt fokussiert sein. So bleibt man im gegenwärtigen Moment, übt sich in Gelassenheit und kann für kurze Zeit die Probleme des Alltags vergessen.