Regent’s Canal: London zwischen Venedig und Irrsinn
Von Axel Halbhuber
Prinz Philip ist gestorben und das ist unter anderem auch deswegen traurig, weil der Duke of Edinburgh eben ein bisschen different war. Sein Lächeln war für einen Royal etwas zu mischievous, seine Witze für den Mann der Königin zu casual und sein Auftreten nie richtig posh. Trotzdem war dieser deutsch-englisch-griechische Superadelige ziemlich genau von jener Mischung, die Großbritannien im Allgemeinen und London in particular ausmacht.
Nehmen wir zum Beispiel den Regent’s Canal, der vierzehn Kilometer am nördlichen Rand der Londoner Innenstadt (Central London) entlangführt. Genau genommen ist er Teil des Grand Union Canals, dessen Aufgabe es war, die großen Industriezentren London und Birmingham zu verbinden, das arbeitende England.
Aber als winziges Stück dieses Zweihundertzwanzig-Kilometer-Kanals ist der Regent’s Kanal anders: Er beginnt (oder endet) einerseits in Little Venice und Maida Vale, wo die Millionenstadt noch immer ein bisschen aussieht wie ein mittelenglisches Kaff. Er spiegelt sich in vollverglasten Officetowers und führt durch absurde Backsteintunnel, der längste ist zweihunderteinundfünfzig Meter lang, aber nur so schmal, dass die Touristenschiffe, mit denen man auf dem Kanal entlangfahren kann, fast so schmal wie Sportruderboote sind. In diesen narrowboats (bis zu 22,36 Meter) sitzt man so tief, dass man mit der Hand ins Wasser greifen kann und fast die Enten streicheln, während man im Zoo, der auch am Kanal liegt, den Tieren beim Turnen zuschauen kann.
Einer der Tunnel führt unter dem Primrose Hill durch und dann daran entlang, dieser schicken Ecke Londons, in der schon Friedrich Engels lebte und wo sich jetzt Stars und Celebrities ihre Villen weiterverkaufen. Der Blick in die Gärten und auf die Rückseiten dieser Anwesen ist natürlich noch imposanter, wenn man so tief in einem engen Boot sitzt, aber der Guide versichert, es handle sich wirklich um die teuersten Villen Londons und das ist beachtlich, isn’t it?
Am anderen Ende der touristischen Reise einer Regent’s-Canal-Tour liegt Camden Town und auch das ist anders. Die angepriesenen Kleidungsstücke auf dem legendären market hier sind noch ein bisschen mehr crazy als auf den anderen Märkten, die bewusstseinserhellenden Substanzen in den versteckten Buden noch ein bisschen mehr illegal und die Szene noch etwas mehr alternative. Seit vor knapp zehn Jahren Ausnahmestimme Amy Winehouse hier tot in ihrer Wohnung gefunden wurde, pulsiert Camden wieder in der Taktung, die es früher schon hatte, dazwischen war die Verrücktheit etwas in Vergessenheit geraten.
In Camden hat seit zweihundert Jahren auch der Traditionsbestatter Leverton & Sons seinen Sitz. Der richtet heute das Begräbnis des Dukeprinzen aus. Wie er es immer für royal funerals macht. Das ist dann doch nie anders.
- Leben am Wasser: Viele Informationen zu Londons Wasserstraßen, und was man dort erleben kann, bietet die Charity-Vereinigung Canal & River Trust – auch zum Regent’s Canal: canalrivertrust.org.uk
- Touren: Sehenswürdigkeiten, Bootsfahrten, ... visitlondon.com/things-to-do/london-areas/regents-canal
- Endstation: Wer von Camden Town aus fährt, endet bei Paddington. Der Stadtteil hat besonderen Charme