Kosovo: Überraschungen im jüngsten Land Europas
Ein noch fast unbekanntes Land, das in weniger als eineinhalb Flugstunden täglich von Wien erreichbar ist: der Kosovo, erst seit 2008 selbstständiger Staat, von vielen Ländern noch nicht anerkannt. Ein Juwel für Entdecker, die noch Ursprüngliches sehen wollen, eine Hauptstadt im Aufbruch und wunderschöne, gut erschlossene Berglandschaften.
Auch wenn man den Norden des Landes wegen anhaltender politischer Unruhen meiden soll, auch wenn der Kosovo für seine Organisierte Kriminalität in Europa verrufen ist, im beschaulichen Zentrum der 160.000 Einwohner großen Hauptstadt Pristina merkt der Tourist kaum etwas davon. Die Menschen in den Straßen und Lokalen sind jung und offen. Rund um die Stadtpromenade – eine breite Fußgängerzone, Standln, Restaurants und Cafés – befinden sich praktischerweise fast alle Sehenswürdigkeiten Pristinas. Angst vor Taschendieben braucht man zumindest hier kaum zu haben, wie überall auf der Welt sollte halt keine Rolex am Handgelenk baumeln.
Ein guter Startpunkt ist die Mutter-Teresa-Kathedrale, gleich am südlichen Ende der Fußgängerzone. Am Eingang des Turms steht ein freundlicher, junger Mann, der Deutsch lernt und sich gerne mit Touristen unterhält. Dafür dürfen wir gratis mit dem Lift auf die Plattform fahren. Von hier gibt’s die beste Aussicht auf die meistbesuchte Attraktion der Stadt, den riesigen Komplex der Nationalbibliothek mit fast hundert weißen Glaskuppeln. Entlang der Promenade passiert man weitere architektonische Besonderheiten, wie das Newborn-Monument, das in Riesenlettern auf die Unabhängigkeit hinweisen soll. Nach der Statue des albanischen Helden Skanderbeg und dem gleichnamigen großen Platz mit dem Stadttheater geht’s in die Altstadt. Die ist orientalisch geprägt, mit engen Gassen, überragt von der urtümlichen „Stein-Moschee“ und dem Uhrturm. Und natürlich einem großen, sehenswerten Basar.
"Peak of Balkans"
Ganz andere Schönheiten gibt es eineinhalb Autostunden weiter westlich zu sehen, am Dreiländereck zu Albanien und Montenegro. Die Prokletije oder „Verfluchten Berge“, wie sie einer Legende zufolge genannt werden, waren jahrzehntelang äußerst unzugänglich. Heute gelten sie als eines der schönsten Bergwandergebiete Europas.
Der Fernwanderweg „Peak of the Balkans“ führt über 192 Kilometer durch alle drei Länder, die Wege sind gut markiert, viele Berghütten sorgen für rustikale Verpflegung und, falls benötigt, Übernachtung. Ausgangspunkt ist die Kleinstadt Peja am Fuße des Gebirges. Schon die Anfahrt in die Berge ist eine der größten Attraktionen des Kosovo. Denn die führt auf einer Nebenstraße oder auf Wanderwegen durch die bis zu sechshundert Meter tiefe Rugova-Schlucht, fünfundzwanzig Kilometer lang, mit Wasserfällen, Höhlen und viel Natur. An Wochenenden kann es zu Staus kommen, denn hier suchen tausende Städter Kühlung am schattigen Wildfluss, ihre Autos parken sie beidseitig am Rand der engen Straße.
Danach geht es durch dichte Wälder bergauf. Wir passieren ziemlich frische Bärenspuren, es kommt aber zu keinen Begegnungen, beruhigt der Guide. Ziel der schönen Eintagestour ist der Liqenati-See (Bild) auf 1.850 Metern Seehöhe, umgeben von Zweitausendern, die großteils schon zu Montenegro gehören. Das Panorama: überwältigend. Wolfgang Godai
City Inn Hotel: Ruhiges, modernes Boutique-Hotel im Zentrum, organisiert auch Touren; cityinn-ks.com
Outdoor Kosovo: Zuverlässige Agentur in Peja, organisiert geführte Wanderungen; outdoorkosova.com
Stadtpromenade/Boulevard: Wer hier kein gutes Restaurant findet, will hungern; vor allem ein Steak- Paradies. Preiswert: Wir kauften im Supermarkt eine Flasche guten kosovarischen Rotwein um 1,30 €