Georg Markus in der Festspielstadt: Salzburg nach dem Trubel
Von Georg Markus
Die wunderschönen Herbsttage in Salzburg. Als ich mich vor ein paar Jahren durch die Stadt kämpfte, musste ich bei jedem Schritt aufpassen, nicht niedergerannt zu werden. Nun hält sich das Gedränge in Grenzen. Es sind Touristen da, aber viel weniger und andere als früher.
„Es fehlen die Besucher aus Asien und Amerika“, sagt der Souvenirverkäufer, „die haben einfach mehr Geld ausgegeben“. Statt der klassischen Salzburg-Touristen kommen jetzt vermehrt Deutsche und Österreicher mit einem ganz anderen Konsumverhalten – die wollen weder Souvenirs noch Ansichtskarten.
Und doch: Die Hauptattraktionen des Salzburg-Tourismus sind gut besucht. Mozart würde sich wundern, dass Menschen mit sonderbaren Masken durch sein Geburtshaus in der Getreidegasse schlendern. Im 3. Stock erblickte das Genie am 27. Jänner 1756 das Licht der Welt und machte danach seine ersten Gehversuche als Kind und Musiker. Hier, im Viertel links der Salzach, trifft man immer noch auf viele Besucher – wenn auch nicht in solchen Massen wie früher.
Drei Highlights im Überblick
Salzburg ist ein fast beschaulicher Ort
Die Festspiele sind vorbei, die Umstände haben Salzburg zu einem fast beschaulichen Ort werden lassen. In der Getreidegasse, Salzburgs beliebtester Flaniermeile, tummeln sich Fremde und Einheimische wie eh und je – aber in den alteingesessenen Läden mit ihren schönen alten Zunft- und Geschäftsschildern sieht man doch weit weniger Kundschaft als zu normalen Zeiten.
Vor allem die Hoteliers bekommen die Auswirkungen von Corona zu spüren. Mehr als 900.000 Menschen nächtigten von Jänner bis August in der Stadt – um 56 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Sommer wurde von den Festspielen gerettet, für den Herbst ist man skeptisch, weil der Kongresstourismus entfällt.
Von Mozarts Geburtshaus ist’s nicht weit zum Domplatz. Hier, wo vor ein paar Wochen noch die „Jedermann“-Bühne aufgebaut war, ist’s jetzt ziemlich ruhig. Im Dom selbst bin ich der einzige Besucher. Ein junger Mann, der am Eingang Spenden für die barocke Kirche entgegennimmt, empfindet es als „angenehm, dass die Stadt wieder sich selbst gehört“. Die in früheren Jahren angereisten Gäste aus Asien eilten oft ziel- und rastlos durch die Stadt. Der junge Mann hat schon erlebt, dass jemand „Wo ist hier der Eiffelturm?“ fragte.
Wieder zurück in der Getreidegasse, kehre ich in Salzburgs ältestem Gasthaus, der Blauen Gans, ein. 670 Jahre zählt das heutige Arthotel, in dem moderne Architektur, Design und zeitgenössische Kunst mit der historischen Baustruktur aneinandergeraten. Auch Andreas Gfrerer, der Besitzer in vierter Generation des 1350 gegründeten Gasthauses, spürt die Zeichen der Zeit. Er rechnet mit einem guten Herbst und Winter und einem vergleichsweise bescheidenen Umsatz von 50 Prozent, im Restaurantbereich hofft er auf mehr. Die Blaue Gans ist bei Touristen ebenso beliebt wie bei Einheimischen, lässt sich‘s doch im großen Gastgarten vor dem Festspielhaus vorzüglich tafeln.
Der Erzbischof, seine Geliebte und die Kinder
Nach einem Streifzug über die Staatsbrücke hinüber ins Viertel rechts der Salzach, gelangt man zum Schloss Mirabell, in dem ich wieder der einzige Besucher bin – das liegt aber auch an einer unmittelbar bevorstehenden Hochzeit im Marmorsaal. In das prächtige Barockschloss, das Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau im Jahr 1606 für seine Geliebte Salome Alt und die gemeinsamen Kinder errichten ließ, wird man nur gnadenhalber eingelassen, es beherbergt Gemeindestuben der Stadt und ist eigentlich nicht für Besucher bestimmt. Umso mehr jedoch der stilvolle Mirabellgarten, der von vielen Menschen bevölkert wird. Dass dies möglich ist, ist übrigens Kaiser Franz Joseph zu danken, der den frühbarocken Garten 1854 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat.
So voll, dass man sich anstellen muss, um einen Tisch zugewiesen zu bekommen, ist die Terrasse des legendären Café Bazar, in dem in erster Linie Einheimische verkehren. Für 11,90 Euro bekommt man hier gratinierte Schinkenfleckerl und dazu einen herrlichen Blick über die Salzach.
Während sich in Mozarts Geburtshaus in der Getreidegasse auch in Zeiten wie diesen die Touristen drängen, ist das Wohnhaus des Musikgenies am heutigen Makartplatz, in dem die Familie vierzehn Jahre lang lebte, mehr oder weniger leer.
Nur vereinzelte Gäste sind auch in der Landesausstellung „100 Jahre Festspiele“, die man bei einem Besuch der Stadt nicht versäumen sollte – sie läuft noch bis 31. Oktober 2021 in der Neuen Residenz.
Auf fast jeden Punkt Salzburgs blickt die gewaltige Festung als Wahrzeichen auf seine Besucher herab. Die Festung Hohensalzburg gilt mit ihrer 900-jährigen Baugeschichte als größte erhaltene Burg Mitteleuropas. Außerdem bietet sich von hier ein traumhafter Blick auf die ihr zu Füßen liegende Mozartstadt.
Erstaunlich gelassen gibt sich der Fiaker, den ich beim Residenzplatz befrage. Für ihn hat sich im heurigen Jahr geschäftlich nicht viel verändert, dafür sei die Atmosphäre in der Altstadt „gesünder als früher“.
Ganz anders ergeht es Salzburgs Fremdenführern, die sich dieser Tage mit einem Hilfeschrei zu Wort meldeten, weil auf sie Einbußen von bis zu 95 Prozent zukämen. Es gebe kaum Firmenausflüge, Touristen seien in kleinen Gruppen unterwegs und blieben großteils im Freien, aber sie buchen kaum Führungen.
So dramatisch die Situation für den Tourismus der Stadt ist, ist sie für Besucher gerade deshalb so reizvoll, weil man in Ruhe durch die meisten Gassen wandern, die Stadt neu entdecken und erkunden kann.
Klimafreundliche Anreise
Mehrmals täglich mit dem Railjet erreichbar. oebb.at
Unterkunft
Salzburgs ältestes Gasthaus 4*-Hotel Blaue Gans, 5020 Salzburg Getreidegasse 41–43
Tel. 0662/842491-0, blauegans.at
Zimmer für zwei Personen inkl. Frühstück ab 170 €
Restaurant
Blaue Gans, Schupfnudeln mit Schwammerln 19 €, Schulterscherzel 25 €, Gebratenes Rehnüsschen 32 € inkl. Beilagen. Auf Wunsch Salzburger Nockerln 13 € pro Person
Kaffeehaus
Café Bazar, 2 Stück Zwetschkenknödel 13,90 €
Auskunft
Salzburg Information
Tel. 0662/88987-0, salzburg.info