Eine Bucht für dich alleine: Segeln im Ionischen Meer
Türkisfarben schillert das Wasser in der hufeisenförmigen Bucht, die wie geschaffen für unsere erste Nacht an Bord ist. Kurz rasselt die Ankerkette, dann ist alles Seemännische getan. Der Wind ist eingeschlafen, sanft kräuseln sich die auslaufenden Wellen am Ufer des unbewohnten Inselchen Arkoudi. Tzatziki und griechischer Wein passen perfekt zu dieser Stimmung. Später liegen wir im Trampolin-Netz zwischen den Rümpfen und beobachten den Vollmond, der sich als riesige Scheibe über die ferne Kontur der griechischen Küste schiebt. Besser kann ein Segeltörn nicht beginnen.
Gestartet sind wir in der großen Marina der Insel Lefkas. Nach der unkomplizierten Übernahme unseres Charter-Katamarans steuerten wir die Lollo in den schmalen Lefkas-Kanal hinaus, der die Insel vom Festland trennt. Zunächst unter Motor, erst einige Meilen südlich weitete sich das Wasser und wir konnten Segel setzen. Eine konstante Brise schob uns an, Steuerbord lagen die bewaldeten Bergketten von Lefkas, auf der anderen Seite war die kleine, unscheinbare Insel Skorpios, früher im Besitz des Reedertycoons Onassis, zu sehen. Eine weitere Engstelle passierten wir bei der Insel Meganisi. Beeindruckend die steil ins Meer abfallenden felsigen Ufer und die skurril geformten Grotten. Viele Jachten waren gleichzeitig mit uns ausgelaufen, doch ihre Spuren verloren sich bald in alle Richtungen.
Die Insel Ithaka ist unser nächstes Ziel, von Homer als Heimatinsel des Odysseus beschrieben. In einer kleinen Bucht vor dem beschaulichen Ort Frikes verankern wir die Lollo, tuckern mit dem Dingi zum Anlegesteg für die Boote der Einheimischen. Ein freundlicher Fischer hilft uns beim Anlegen. Maria, mit der ich vorab ein Treffen vereinbart habe, erwartet uns schon. Sie führt uns auf eine Anhöhe und zeigt uns die Reste der Schule Homers, eine Anlage aus mächtigen Steinquadern, die im 6. und 5. Jahrhundert vor Christus errichtet wurde. Es gibt einen Brunnen, der zu unserer Überraschung sogar ein wenig Wasser führt. Der große Dichter soll hier nicht nur gelebt und gelehrt, sondern mit diesem Wasser auch seine Blindheit geheilt haben. Nur eine Legende? Archäologen vertreten die These, dass es sich bei der Ausgrabungsstätte um den „Palast des Odysseus“ handeln könnte. Wie auch immer, ein Besuch ist lohnenswert – und der Ausblick auf das tiefblaue Meer berauschend.
Zurück in Frikes kehren wir in der Taverne „Odysseus“ am Ufer ein und genießen mit Blick auf die vor Anker liegende Lollo typisch griechische Vorspeisen und fangfrischen Fisch. Danach werden wieder die Segel gesetzt. Auf südlichem Kurs erreichen wir eine fjordähnliche Bucht, in der schon drei Jachten liegen. Dank des geringen Tiefgangs unseres Katamarans können wir nahe am Strand ankern. Einfach herrlich, hier zu schnorcheln und zu baden. Als es dunkel wird, kommt eine Herde gescheckter Ziegen über die Abhänge und treibt sich am Kiesstrand herum. Die Toplichter an den Mastspitzen leuchten mit den Sternen um die Wette – eine perfekte Idylle.
Im schönsten Naturhafen
Mäßiger Wind bringt uns zur Nachbarinsel Kefalonia. Schon von Weitem machen wir eine einsame, geschützte Bucht aus. Das Wasser ist so klar, dass man trotz einer Tiefe von zehn Metern den sandigen Grund und Fische sehen kann. Unser nächster Stopp ist der kleine Ort Fiskardo. Nach schmaler Einfahrt öffnet sich eine weite Bucht, die als schönster Naturhafen des Ionischen Meeres gilt. Am Kai locken Tavernen und Souvenirshops, die Häuschen sind malerisch in Pastelltönen gestrichen. Fiskardo ist bei Seglern sehr beliebt, da man mit der Jacht direkt an der Promenade anlegen kann, so reiht sich im Halbrund ein Mast an den anderen. Entlang der Westküste von Kefalonia segeln wir weiter nach Süden. Tagsüber weht eine angenehme Brise, gegen Abend schläft der Wind ein.
Einer der spektakulärsten Strände Griechenlands ist Myrtos Beach. Eingebettet zwischen Felswänden, erstreckt sich ein tausend Meter langes, blendend weißes Kieselband. Sonnenschirme und eine Bar sind die einzigen touristischen Einrichtungen, kein Hotel stört. Welch wunderbarer Platz für einen Badestopp. Der in der Nähe liegende Ort Assos mit seinem geschützten Naturhafen bietet einen ausgezeichneten Ankerplatz. Wir gehen an Land und erklimmen über einen steilen Weg den Hügel der Halbinsel. Lohn der Mühe ist eine teilweise gut erhaltene Festungsanlage aus venezianischer Zeit, die wir durch ein mächtiges Tor betreten. Ein weitläufiges, verwachsenes Plateau mit Steinbauten lässt erahnen, dass die Menschen hier Zuflucht vor Piraten suchten. Wir genießen den Blick auf das offene Meer, die wilde Westküste Kefalonias, die Myrtos Bucht und das beschauliche Assos, wo bunt lackierte Fischerboote wie Nussschalen im Wasser schaukeln.
Auf dem Rückweg nach Lefkas haben wir Glück. Der Wind frischt auf und Lollo rauscht flott über die Wellen. Als Flaute einsetzt, findet sich eine Insel mit einer geschützten Bucht, gerade groß genug für den Katamaran – unser letzter Ankerplatz auf diesem Törn. Im Zeitraffer flirren die vergangenen Tage durch unsere Köpfe. Wir erinnern uns an die herzliche Gastfreundschaft der Griechen, das Ionische Meer, die herrlichen Buchten, das perfekte Segelwetter. Und sind uns sicher: Wir kommen wieder.
Anreise
Austrian Airlines fliegt Samstag und Sonntag direkt nach Preveza/ Lefkas ab 79 €. CO2-Kompensation via atmosfair.de: 13 €
Ionische Inseln
Die Inseln sind wunderbar gegliedert mit romantischen Ankerbuchten und geschützten Fischerorten, angenehmes Segelwetter von Mai bis Oktober. Idealer Ausgangshafen ist die moderne Marina in Lefkas, wo das österreichische Charterunter- nehmen Pitter-Yachting eine gut ausgestattete Basis betreibt: pitter-yachting.com
Messe Boot Tulln
Auf der „Boot Tulln“ 2020 (Halle 3 – Tagungszentrum) präsentiert Autor Manfred Ruthner diese Reise mit vielen Bildern und gibt dazu nützliche Tipps. Termine: 5.–7. März, jeweils um 16.00 Uhr, Infos: messe-tulln.at
Buchempfehlung
"Hafenguide Griechenland 1", Verlag Delius Klasing, Auflage 2020, behandelt Küsten und Inseln von Korfu bis Südpeloponnes