Nachhaltig en vogue: Wie die Luxus-Modebranche jetzt umdenkt
Von Maria Zelenko
Auf den ersten Blick wirkt die Abendrobe von Stine Goya wie eine von vielen. Die dänische Modemacherin hat Stoff mit Pailletten in Regenbogenfarben bestickt und die Schulterpartie mit aufwendigen Raffungen versehen. Das Besondere: Hergestellt wurde das Kleid aus umweltfreundlichen Materialien. Die Ahimaseide entstammt leeren Kokons der Seidenraupe, die PET-Pailletten sind recycelbar.
Goya gehört zu jenen Designern, denen net-a-porter.com, der weltweit größte Onlineshop für Luxusmode, kürzlich eine eigene Kategorie gewidmet hat. Nachhaltige Entwürfe sind nun unter Net Sustain zusammengefasst und somit leichter als solche erkennbar. Der Londoner Händler reagiert damit auf die rasant steigende Nachfrage nach fairer und ökologischer Mode. Laut der Mode-Suchmaschine Lyst wurde 2019 um 80 Prozent häufiger nach nachhaltigen Kreationen gesucht als im Vorjahr.
Da sich viele kleine Labels dem Thema schon seit Langem selbstverständlich verschreiben, hält der Paradigmenwechsel nun auch in der Luxusbranche Einzug.
Ganz vorne mit dabei sein will Gucci, wo man sich einen zehnjährigen Nachhaltigkeitsplan auferlegt hat. Einige der vielen Änderungen: PVC wird nicht mehr verwendet und ein Teil der Lederprodukte bereits ohne Chrom gegerbt. Der Anteil recycelter und pflanzlicher Fasern soll stetig erhöht werden. Auch bei Prada gibt es ein Umdenken: Die berühmten Nylon-Taschen wurden nun erstmals aus vollständig recyceltem Material produziert.
Hoher Aufwand
In der österreichischen Modebranche beobachtet man diese Veränderungen mit großem Interesse. "Ich begrüße es sehr, dass sich solche großen Unternehmen mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen", sagt Nora Berger, die gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin Kathrin Lugbauer das Label Natures of Conflict führt. "Denn das ist notwendig." Die beiden Wienerinnen arbeiten seit 2008 so, dass es der Umwelt möglichst wenig schadet: Produziert wird nur auf Bestellung und ausschließlich aus natürlichen Fasern, die "möglichst spurlos auch wieder vom Erdboden verschwinden können".
Luxuskonzerne wie Kering, zu denen neben Gucci auch Saint Laurent und Balenciaga gehören, arbeiten freilich in anderen Größenmaßstäben. Veränderungen brauchen hier mehr Zeit und vor allem hohe Investitionen. "Eine nachhaltige Kollektion zu produzieren, ist eine Aufgabe, die viel Recherche für jeden Schritt der Produktionskette erfordert", weiß Stine Goya aus eigener Erfahrung.
Norm statt AusnahmeWie ein Luxus-Modeunternehmen mit Nachhaltigkeit weltweit erfolgreich sein kann, zeigt keine so gut wie Stella McCartney. Die Britin gründete 2001 ihr Label und wurde Anfangs für ihr veganes Leder aus Segeltüchern und den konsequenten Verzicht auf weitere tierische Produkte belächelt. Der Zeitgeist hat der Pionierin Recht gebeben: Kürzlich wurde bekannt, dass der weltgrößte Luxuskonzern LVMH Anteile an ihrer Marke übernimmt. Zudem wird sie persönliche Beraterin des Konzern-Chefs Bernard Arnault – ein klares Zeichen, dass man auch hier große Veränderungen zum Schutz der Umwelt anstrebt.
Designerin Stine Goya blickt jedenfalls optimistisch in die Zukunft: "Der Einfluss großer Modehäuser wie Gucci und Prada ist unvergleichlich und durch ihre Initiativen wird nachhaltige Mode künftig nicht mehr die Ausnahme, sondern die Norm sein."