Leben/Gesellschaft

Tüfteln statt Theorie – so macht Technik Spaß

Diese Physikstunde werden die Schüler der 3. Klasse AHS Waltergasse (Wien) ihr Leben lang nicht vergessen. Die fand nämlich nicht im Physiksaal statt, sondern im Schwimmbad, wo sie die physikalischen Gesetze, die unter Wasser gelten, am eigenen Leib erfahren durften.

Genau solche Projekte sind es, die jungen Menschen Lust auf naturwissenschaftliche Fächer machen. Und das ist auch dringend nötig, wie Jakob Calice, Geschäftsführer der Innovationsstiftung für Bildung (ISB), meint. Vor allem aus zwei Gründen: Zum einen sucht die Wirtschaft händeringend nach Fachkräften in diesem Bereich. Zum anderen sind MINT-Fächer – also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik – jene Wissenschaften, die gebraucht werden, um etwa die Klimakrise zu bewältigen.

Atemlos unter Wasser

Sicher gibt es in Österreich viele Initiativen, Netzwerke, einzelne Schulen und Pädagogen, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Fächer möglichst anschaulich und praxisnah zu unterrichten. In der Waltergasse haben die Schüler im Schwimmbad zum Beispiel erlebt, dass es ab einem halben Meter Wassertiefe wirklich nicht mehr möglich ist zu atmen – dazu haben sie einen überlangen Schnorchel benutzt. Sauerstoff erhielten sie mit Hilfe einer selbst gebastelten Panzertaucherglocke. Auch die Wirkung des Auftriebs, eine Folge des Gewichtsdrucks, wurde experimentell untersucht, erläutert Physiklehrer Georg Fuchs.

Dass es Initiativen wie in der Waltergasse gibt, wissen allerdings viele Lehrkräfte und Experten nicht. Solche Projekte und auch Netzwerke vor den Vorhang zu holen ist ein Ziel von „MINT4future“. Das andere: Schulen, Organisationen und auch Unternehmen miteinander zu vernetzen. Es geht also nicht darum, ein neues Einzelprojekt aufzusetzen: „Unser Ziel kann nicht sein, die 35. Maßnahme und 35. Initiative zu gründen“, erläutert Jakob Calice. Schon jetzt kann jeder Ideen und Konzepte  auf einer Seite der Innovationsstiftung für Bildung veröffentlichen.

Hemmnisse abbauen

Weiteres Ziel: „Wir wollen uns fragen, was junge Menschen generell davon abhält, Berufe und Studienfächer im naturwissenschaftlichen oder technisch-mathematischen Bereich zu wählen“, erläutert Calice. Aus Erfahrung wisse man, dass hier Familien vieles beeinflussen: „Wenn der Vater auf einer HTL war, ist es für den Sohn oder die Tochter durchaus auch vorstellbar, diesen Weg einzuschlagen. Anders ist das bei Familien, in denen die Technik und Informatik keinen guten Ruf hat.“

Doch wie bekommt man Buben und besonders auch Mädchen dazu, die Scheu vor Zahlen und Naturwissenschaften zu überwinden? Hier sind gute Ideen gefragt, für die es sogar Geld gibt. Junge Menschen – Einzelpersonen ab 16 Jahren, Teams oder Schulklassen mit Schülern ab zwölf Jahren – erhalten 400 Euro pro erfolgreich entwickeltem Lösungsansatz, der bei einem Hackaton (eine digitale Veranstaltung, bei der gemeinsam Lösungen gesucht werden) vorgestellt wird. Projekte können bis 11. Juni unter team@innova tionsstiftung-bildung.at eingereicht werden. Über eine Online-Voting-Phase werden die innovativen Lösungen präsentiert. Vielleicht sind ja Ideen wie die des Physikunterrichts im Schwimmbad dabei. ute brühl