Herr Eberl sagt zum Abschied leise Servus: Heuriger schließt
Von Anita Kattinger
„Zum Eberl“ ist der Prototyp eines kleinen urigen Wiener Heurigens im Herzen Döblings : Die Schank und die Wände sind holzvertäfelt, ein grün-weißer Kachelofen wärmt im Winter und auf der Speisekarte stehen hausgemachte Schmankerl wie Liptauer und Schweinsbraten.
Eigentlich wollte sich Thomas Eberl diesen Dezember von seinen Stammgästen verabschieden, denn mit Jänner tritt er seinen Ruhestand an. Einst war Familie Stahl im Eckhaus in der Iglaseegasse 41 zu Hause und führte dort auch selbst den Heurigen.
Heurigensterben
Aber weil es einen Eigentümerwechsel gab, fragte man den Heurigenwirten nach 25 Jahren, ob er nicht aufhören wolle: „Es war eine schöne und lustige Zeit. Aufgrund der jetzigen Situation bin ich nicht so böse. Schade ist, dass das Gebäude wohl nicht als Heuriger weitergeführt wird. Es tut weh: In der Generation vor mir hatte hier noch jedes zweite Haus ausgesteckt.“
Das Heurigensterben geht also weiter? „Natürlich. Was man nicht kennt, kann einem auch nicht abgehen.“
Lieferservice
Gemeinsam mit seiner Ehefrau Anne, die gute Seele des Heurigen, möchte der Wirt künftig mehr Zeit mit seinen Enkelkindern genießen: „Als wir begonnen haben, war unser Bub vier Jahre alt. Er war ein richtiges Wirtshauskind. Nachholen kann man nichts, aber unsere Enkel würden wir gerne aufwachsen sehen. Im Dezember und Jänner veranstalten wir an einzelnen Tagen Flohmärkte. Wir haben viel Geschirr und Deko-Accessoires. Die klassischen Heurigenbänke und -Sessel sind aber schon alle versprochen.“
Kochkünste des Chefs
Warum der „Eberl“ so beliebt ist, hat mit den Kochkünsten des Chefs zu tun: Nach der Ausbildung und einigen Jahren im Hotel Sacher, werkte der Koch im Grand Hotel in Stockholm und im Hilton in Tel Aviv, danach leitete er bis Mitte der Neunziger die Betriebskantine der Tabakregie. Seinen Heurigen hat er immer schon als Wohnzimmer-Ersatz und als Nahversorger für die Anrainer gesehen: „Deswegen haben wir im Lockdown einen täglichen Mittagsteller und Klassiker wie Liptauer als Take-away angeboten.“
Den macht er übrigens seit seiner Lehre im Sacher nach dem gleichen Rezept: Margarine, Gervais, Sardellen, Gurkerl, Kapern, Senf, Salz und Paprikapulver.
Gäste trinken weniger
Wie hat sich das Heurigengeschäft verändert? „Vegetarier hat es immer schon gegeben, aber das Trinkverhalten hat sich verändert: Die Gäste trinken mengenmäßig weniger, dafür bessere Qualität. Früher hat man nur die Doppler und die Vierteln bestellt. Seit rund 15 Jahren trinken die Österreicher am liebsten Achterl. Den Wunsch Leitungswasser zu trinken, gab es früher auch nicht.“
Ab Jänner müssen die Stammgäste zum „Hengl-Haselbrunner“ ausweichen – dem letzten Heurigen in diesem Grätzel. Wird der Wirt seine Arbeitsstätte vermissen? „Ich bin im 19. Bezirk geboren – mein Grab ist auf dem Sieveringer Friedhof. Eines Tages komme ich wieder zurück.“
Tipp: Flohmarkt 4.1., 5.1., 7.1.-17.1., 11-16 Uhr