Der Klimaschutz wird uns lieb – und teuer
Früher oder später wird es unausweichlich: Wer viel Auto fährt oder viel fliegt, wird dafür mehr bezahlen. Oder anders herum: Wer die Umwelt mit weniger Auto- oder Flugstunden, also mit weniger Kohlendioxid-Ausstoß, belastet, kommt billiger davon.
Umweltpolitik auf europäisch nimmt seit Längerem den Weg des Verursacherprinzips, wie sich auch gestern wieder beim EU-Rat der Verkehrsminister in Luxemburg zeigte: Ein europaweit vereinheitlichtes, kilometerabhängiges Mautsystem stand da zur Diskussion. Also eine Art in der ganzen EU gültigen Vignette, deren Preis nach gefahrenen Kilometern berechnet wird. „Gerecht, fair und ökologisch“ sei dies, sagen die Anhänger dieser, von der EU-Kommission vorgeschlagenen Lösung. Für Lkw, Busse und Vans wird sie ab 2025 gelten.
Nicht aber für Pkw. Da legen sich Österreichs Regierung – auch der neue Verkehrsminister Andreas Reichhardt – ebenso wie die Mehrheit der anderen EU-Staaten quer. Und nicht nur, weil in Österreich das System der Zeitmaut etabliert ist. Wer hierzulande 100 Kilometer pro Jahr fährt, zahlt für seine Vignette ebenso viel wie jemand, der 200.000 Kilometer pro Jahr absolviert. Der gewichtigste Einwand gegen eine streckenbasierte EU-Maut lautet demnach: Auf Pendler kämen gewaltige finanzielle Belastungen zu.
Totalüberwacht
„Was wäre der Zweck dieser Maut?“, fragt Verkehrsexperte Martin Menner vom Centrum für europäische Politik (cep) und antwortet dem KURIER. „Am Anfang steht ein hehres Ziel – nämlich denjenigen mehr zu belasten, der viel fährt und daher für mehr CO2-Ausstoß verantwortlich ist.“
Doch die Nachteile einer geplanten EU-weiten Streckenmaut (Roadpricing) lägen auf der Hand: „Dadurch würden viele Autofahrer auf Neben-und Landstraßen ausweichen und die Dörfer noch mehr belasten. Vermeiden könnte man das nur, wenn dann alle Straßen bemautet würden.“ Für diesen Fall aber gibt Menner zu bedenken: „Dann würden wir über jeden Kilometer überwacht, den wir fahren. Wollen wir das?“
Vor allem aber gäbe es weitaus bessere Wege, meint der Experte, die Kosten für die Umweltschäden des Autoverkehrs hereinzuholen: „Über eine Bepreisung des CO2-Ausstoßes“ – sei es in Form einer höheren Mineralölsteuer oder indem man den Autoverkehr in den Emissions-Zertifikat-Handel „einpackt“.
Im Gegensatz zur Streckenmaut entstünden dadurch kaum Erhebungskosten. Zudem könne man die zusätzlichen Einnahmen an die Bevölkerung zurückverteilen. „Dann bleibt durch die hohen Kraftstoffpreise der Anreiz zu klimafreundlichem Verhalten erhalten, die Bürger werden aber insgesamt nicht zusätzlich belastet.“
Dass klimabelastendes Verhalten teurer werden soll, kündigt sich auch für den Flugverkehr an: Der Schadstoffausstoß des europäischen Luftverkehrs nimmt weiter stark zu. Zwischen 2014 und 2017 stiegen die Kohlenstoffdioxid-Emissionen um zehn Prozent, der Stickoxid-Ausstoß stieg um zwölf Prozent.
Damit auch der Flugsektor künftig einen höheren Beitrag für eine ökologische Wende leistet, solle eine europaweite Flugsteuer eingeführt werden, fordern nun mehrere EU-Staaten. Die Verkehrsminister Belgiens, der Niederlande, Luxemburgs, Schwedens und Frankreichs brachten diesen Vorschlag am Donnerstag beim Rat in Luxemburg aufs Tapet. Bisher sind Airlines von der Mineralölsteuer befreit.
Eine Flugsteuer würde das Fliegen auf jeden Fall teurer machen – sei es in Form einer Abgabe auf Tickets oder einer Kerosinsteuer. Das lässt die EU-Verkehrsminister weiter zögern: Man fürchtet die Konkurrenz nicht-europäischer Airlines.