Genug Intensivbetten? So bereiten sich Österreichs Spitäler vor
Langsam wird augenscheinlich, welche Dimensionen die Corona-Krise annimmt. Aufgrund des zu erwartenden Anstiegs bei den Patientenzahlen wird die Messe Wien zu einem riesigen Krankenquartier umgewandelt.
In der Halle A werden derzeit 880 Betten aufgestellt, die ab kommender Woche zur Verfügung stehen. Die Kapazitäten sind für Patienten gedacht, die einen leichten Verlauf der Krankheit haben, aber nicht zu Hause pflegerisch oder medizinisch betreut werden können. „Das ist kein Spitalsersatz, sondern ein Betreuungsraum“, betont Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ).
Die Maßnahme zeigt, dass sich die Stadt Wien für die Möglichkeit vorbereitet, nicht alle Corona-Patienten im Spital betreuen zu können. Sorgen bereitet Verantwortlichen im Gesundheitssystem derzeit die starke Zunahme an Infizierten. Mit diesen steigt auch die Anzahl der Personen mit schweren Krankheitsverläufen.
Spitalsträger betonen derzeit gerne, gut gerüstet zu sein, doch Berechnungen des Complexity Science Hub Vienna (CSH) zeichneten kürzlich ein anderes Bild. Diesen zufolge sei das Kapazitätslimit an Intensivbetten in den heimischen Spitälern bereits in zwei Wochen erreicht. „Bei der Berechnung gibt es natürlich viele Unbekannte, etwa wie häufig Covid-19-Patienten im Spital behandelt werden müssen. Aber aufgrund der aktuellen Datenlage geht man davon aus, dass 19 Prozent der Kranken ein Spitalsbett brauchen, fünf Prozent ein Intensivbett“, erklärt Komplexitätsforscher Peter Klimek von der MedUni Wien.
Das wären bei 1.000 Patienten immerhin 50. „Deshalb ist es das Wichtigste, das exponentielle Wachstum abzuflachen“, betont der Forscher. Die Daten von anderen Ländern würden zeigen: Erst drastische Maßnahmen hätten dabei Wirkung gezeigt. „Wir sind derzeit da, wo Italien zwischen 17. und 25. Februar war. Wo sich die Infektionsfälle innerhalb von zwei Tagen verdoppelt haben.“
Bei Spitalsträgern weist man diese Prognosen entschieden zurück. Vor Panikmache warnt etwa Michael Binder, medizinischer Direktor des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV). „Nachrichten, wonach sozusagen die Welt Ende März untergeht, sind nicht sinnvoll.“ Nur der kleinste Teil der Erkrankten müsse ins Spital. „Wir haben für sie genügend Ressourcen“, betont er.
Laut den letzten verfügbaren Daten des Gesundheitsministeriums gibt es österreichweit 64.285 Spitalsbetten, davon 2.547 Intensivbetten. In Wien sind es 14.321, davon 696 Intensivbetten. Derzeit sei die Auslastung wegen der Grippewelle bereits sehr hoch, gibt Wolfgang Weismüller, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, zu bedenken. Man versuche daher, Betten freizubekommen – etwa die Verschiebung von planbaren Eingriffen.
Diese Maßnahme haben die meisten Spitäler im Land bereits ergriffen. „Die nächsten Tage sind für unsere Kapazitätsberechnungen entscheidend“, sagt etwa Bernhard Jany von der nö. Landeskliniken-Holding. Sollten plötzlich wie in Italien eine hohe Anzahl an Schwerkranken zu verzeichnen sein, „werde man ohne Zweifel einmal den Horizont erreichen.“ Laut aktuellem Stand reichen die Kapazitäten aber. Es gibt 384 Intensivbetten.
Akutbetten
In Wien können im Bedarfsfall jene rund zusätzlichen 700 Betten aktiviert werden, die gemäß Pandemieplan vorgesehen sind. Laut einem Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) handle es sich um Akutbetten für schwere Corona-Erkrankungen. Im Bedarfsfall könne zumindest ein Teil davon in Intensivbetten mit Beatmungsgeräten umgewandelt werden, die lebensbedrohlich kranke Patienten benötigen.
Wie viele Beatmungsgeräte maximal zur Verfügung stehen können, lässt der Sprecher offen. „Nur ein kleiner Teil der Patienten in den Akutbetten wird in Lebensgefahr sein, die auch beatmet werden müssen. Je nachdem, wie sich die Situation entwickelt, wird laufend Equipment zugekauft.“
Reichen diese Kapazitäten nicht, werden einzelne Pavillons zu Corona-Stationen umgewandelt oder in weiterer Folge zwei ganze Spitäler geräumt.
Triage-Zelt
An der Innsbrucker Klinik wird indes ein Triage-Zelt aufgebaut. Es hat zum Ziel, Patienten mit möglicher Coronavirus-Infektion vor Betreten des Krankenhauses zu identifizieren und in die richtigen Behandlungsbahnen zu lenken.