Virtuose Saiten: Neue Ausstellung im Haus der Musik
Von Florian Lieke
Was haben die Songs Born to Die von Lana Del Rey, Schrei nach Liebe von Die Ärzte und Bitter Sweet Symphony der Avantgarde-Band The Velvet Underground gemeinsam? Auf den ersten Blick (bzw. Ton) vielleicht nicht viel, aber bei genauerem Hinhören offenbart sich eine verbindende Klammer: die Geige. Oft im Hintergrund, aber gerade deshalb umso wirkungsvoller, verleiht dieses vielseitige Instrument auch modernen Liedern eine unverwechselbare Note. Kleine Hörprobe gefällig?
Die Verbindung von gestern und heute
Ob in der Popmusik, wo sie oft subtil Atmosphäre schafft, oder in der klassischen Musik, wo sie häufig als Soloinstrument brilliert – die Vielseitigkeit der Geige ist unbestreitbar. Ihre Bedeutung als musikalisches Symbol reicht weit über die Funktion als Begleitinstrument hinaus. Sie verkörpert Emotionen, Geschichten und Traditionen. Genau aus diesem Grund wird seit 6. Mai ihre vielschichtige Bedeutung in der neuen Ausstellung „Virtuose Saiten“ im Haus der Musik zelebriert. Doch nicht nur das: Die Exposition würdigt auch die Menschen hinter diesem faszinierenden Instrument, die die Violinmusik mit ihrer Leidenschaft und ihrem Können über die Jahrhunderte hinweg geprägt und weiterentwickelt haben. Wir waren bei der Eröffnung dabei und verraten, was Sie hier erwartet.
Ein Blick hinter die Kulissen
Kurator David Frühwirth öffnet mit seiner einzigartigen Sammlung von Fotos, Lithografien, persönlichen Schriftstücken und weiteren kostbaren Exponaten die Tür zu einer Welt, die normalerweise verborgen bleibt. Seit über 30 Jahren sammelt Frühwirth, der selbst Konzertgeiger ist, alles, was mit der Geigenkunst und ihren Meister:innen zu tun hat – von Barock-Genies wie Arcangelo Corelli und Francesco Geminiani, deren Werke die Grundlage für die Entwicklung der Geigenmusik legten, über W. A. Mozart bis hin zu großen Virtuos:innen der Romantik wie Joseph Joachim. Frühwirths Leidenschaft für das Instrument und seine Geschichte machen die Ausstellung zu einem unvergesslichen Erlebnis für alle Besucher:innen.
Die Vielfalt der Geigenkunst
Der in Salzburg geborene Violinist möchte die Exponate allerdings nicht nur zeigen, sondern auch die Geschichten hinter den Stücken erzählen. Er veranschaulicht, wie eng die Geschichte der Geige mit der Historie der Menschen verbunden ist, die sie gespielt haben. Jedes Foto, jede Lithografie und jedes persönliche Schriftstück erzählt dabei eine ganz eigene Geschichte von Leidenschaft, Hingabe und Innovation. Einige Exponate reichen dabei sogar bis ins 18. Jahrhundert zurück und unterstreichen, wie viel Arbeit in diese gesteckt wurden – so zum Beispiel ein Steindruck aus dem Jahr 1739. Heute innerhalb kürzester Zeit tausendfach gedruckt, war die Erstellung vor einigen Jahrzehnten noch eine äußerst arbeits- und zeitintensive Aufgabe.
Es geht mir hier vor allem um die Menschen hinter der Geige: Wie haben Sie gewirkt? Wie haben Sie sich dargestellt? Und wie lebt ihr Schaffen noch heute weiter? Es ist oft unglaublich, was sie geleistet haben – auch für die Musik selbst!
Besonders spannend ist es, auch die weniger bekannten Meister:innen der Geigenkunst zu entdecken – so zum Beispiel die Milanollo-Schwestern Teresa und Maria. Zu ihrer Zeit waren sie ebenso gefeierte Geigerinnen wie beispielsweise Niccolò Paganini. Heute sind sie der breiten Masse aber kaum ein Begriff. Die Ausstellung würdigt ihre Beiträge zur Geigenmusik und rückt sie, mit weiteren zum Teil vergessenen Virtuos:innen, wieder ins Rampenlicht.
Vernetzung und Zusammenhänge
In einem eigenen Raum erwartet die Besucher:innen ein weiteres eindrucksvolles Highlight: eine großformatige Vernetzungskarte, die alle Blicke auf sich zieht. Hier, umgeben von diesem visuellen Panorama, taucht man in die reiche Geschichte der Violinist:innen von 1830 bis 1950 ein. Von Giovanni Battista Viotti über Henri Vieuxtemps bis hin zu Alma Moodie, von den großen Namen bis zu den weniger bekannten, zieht sich das Netzwerk über die Wand und zeigt die engen Verbindungen und inspirierenden Einflüsse, die das Violinspiel geprägt haben. Die Spuren der Lehrer:innen, allen voran Leopold Mozart, sind ebenso deutlich erkennbar wie die Entwicklung der Geigenschulen im Laufe der Zeit. Mein Gedanke: einfach nur beeindruckend, wie alles miteinander verknüpft ist! Die Vernetzungskarte bietet einen einzigartigen Einblick in die Geschichte und Evolution dieses einflussreichen Instruments und den dahinterstehenden Pionier:innen.
Veranstaltungen zum Eintauchen
Neben der Ausstellung selbst bietet das Begleitprogramm zahlreiche Möglichkeiten, noch tiefer in die Welt der Geigenkunst einzutauchen. Es gibt Konzerte mit Studierenden und Lehrenden der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, Podiumsdiskussionen mit Expert:innen und Gesprächskonzerte, bei denen Teilnehmer:innen die Gelegenheit haben, mit Kurator Frühwirth und weiteren Fachleuten ins Gespräch zu kommen.
21. Mai 2024 | Konzert: „Die romantisch - virtuose Violine“
19 Uhr Konzert mit Studierenden - Mdw
11. Juni 2024 | Konzert: „Violinisten komponieren 1730 bis 1950“
19 Uhr Konzert mit Studierenden - Mdw
3. Juli 2024 | Konzert: „Wenn die Violine erzählen könnte“
19 Uhr Gesprächskonzert mit David Frühwirth (Violine) & Christopher Hinterhuber (Klavier)
17. Juli 2024 | Podiumsgespräch: „Aus alt wird Neu - Hören mal anders“
19 Uhr Podiumsdiskussion samt historischen Aufnahmen mit Phono-Experten Walter Erpf & Univ.-Prof. David Frühwirth
Die Konzerte finden im Konzertsaal im Dachgeschoss statt.
Einladung zur Entdeckung
Die Ausstellung „Virtuose Saiten“ bietet eine spannende Möglichkeit, die Welt der Geige auf eine neue und zugängliche Weise zu erleben. Besonders für diejenigen, die tiefer in die Geschichte und die Verbindung verschiedener Aspekte eintauchen möchten, ist sie eine absolute Empfehlung. Verpassen Sie also nicht die Gelegenheit: Die Ausstellung kann noch bis zum 20. August 2024 bestaunt werden und ist im regulären Ticketpreis enthalten. Für diejenigen, die das Haus der Musik noch nicht so gut kennen, haben wir Musikvermittlerin Elisabeth Albrecht gebeten, uns einen Rundgang durch das Museum zu geben. Unsere Erlebnisse und Eindrücke können Sie hier nachlesen: