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Trends am Arbeitsmarkt: Diese Jobs sind jetzt besonders gefragt

Digitalisierung, ChatGPT, KI, Remote Work: Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Aber was bedeutet das für unsere Jobs und die zukünftigen Berufsfelder? Wir haben mit Menschen gesprochen, die sich täglich genau mit diesem Thema auseinandersetzen und dabei spannende Erkenntnisse über die Trends am Arbeitsmarkt, die Entwicklungen bei der Jobsuche und sinnvolle Weiterbildungen gewonnen. Obendrein konnten wir herausfinden, wie Unternehmer:innen gutes und qualifiziertes Personal nicht nur finden, sondern auch langfristig halten können.

Welche Trends gibt es am Arbeitsmarkt?

Für Christoph Henrichs, Product and Sales Manager der Technikum Wien Academy, ist eine Sache klar: Die letzten Jahre haben uns deutlich gezeigt, dass es immer wichtiger wird, auf Krisen flexibel reagieren zu können. Henrichs entwickelt in seinem beruflichen Alltag Weiterbildungsformate und berät Unternehmen, welche Maßnahmen und Lehrgänge für die individuelle Situation sinnvoll sind. Dabei fällt dem Produktmanager auf, dass vor allem der Bedarf an technischen Weiterbildungen rasant steigt. Das liegt zum einen am gegenwärtigen Fachkräftemangel, zum anderen aber auch an den Ausnahmesituationen wie Pandemie und Energiekrise.

Weiterbildung wird das Mittel der Wahl sein. Denn die Fachkräfte kann ich mir nicht züchten - und die Hochschulen geben sie in der kurzen Zeit, in der ich sie brauche, nicht her. Also muss ich bestehende Mitarbeiter:innen um- und weiterschulen.

Christoph Henrichs, Product & Sales Manager, Technikum Wien Academy

Dabei geht es allerdings nicht immer nur darum, sich Wissen anzueignen, sondern auch darum, zu lernen, wie man dieses am Markt anwendet. Das Ziel ist, mit dem neuen Knowhow auf neue Märkte, neue Technologien und auch unvorhergesehene Veränderungen flexibel reagieren zu können.

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Welche Jobs haben wirklich Zukunft?

Für Henrichs ist deshalb klar, dass zum Beispiel Requirements Engineers, UI/UX-Designer:innen, Softwarearchitekt:innen, Expert:innen in Data Engineering, Data Science, AI, Medizintechnik und Industrie 4.0 besonders gefragt sein werden. Ebenso werden digitale Changemaker wie Produkt-, Prozess- oder Innovationsmanager:innen in den Fokus rücken. Organisationen werden im Hinblick dessen, auf Trends angemessen zu reagieren, immer träger. Jene Menschen, die den Blick auf dem Markt haben, gleichzeitig aber technisches Wissen und die Fähigkeit besitzen, Dinge im Unternehmen zu ändern, werden unverzichtbar sein.“ 

Diese Sichtweise vertritt auch Marion Vöhr, Sales Director und Prokuristin bei msg Plaut Austria: „Innovationen im Hinblick auf die Digitalisierung sind für Unternehmen überlebensnotwendig, um effizienter, wettbewerbsfähiger und zukunftssicher zu werden.“ Bereiche wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und Cybersecurity befinden sich deshalb auf der Überholspur. Autonomes Fahren und Digitalisierung von Gesundheitsdiensten sowie auch Themen rund um Ethik in der Digitalisierung (Digitaler Humanismus) sind nur drei Beispiele der vielen Möglichkeiten, die es im IT-Bereich gibt und auch jene Menschen ansprechen, die einen besonderen Sinn in ihrer Berufswahl suchen. Denn auch das wird laut Vöhr bei den Bewerber:innen immer wichtiger. 

Eine dritte Meinung haben wir uns von Fred Mahringer eingeholt, Personalchef bei A1, Österreichs Marktführer in Kommunikationstechnologie. Auch hier stehen unterschiedliche Sparten der IT im Mittelpunkt.

„Ich kann nur für meine Branche sprechen: Bei uns sind es die Bereiche der IT-Security, alles rund um Netzwerktechnik sowie Data Scientists. Das sind Bereiche, in denen wir wirklich Personal suchen, Ausbildungsprogramme nutzen und gezielt Maßnahmen setzen.“

Fred Mahringer, Personalchef bei A1
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Welche Jobs werden in Zukunft gar nicht mehr gefragt sein?

Für Henrichs ist klar, dass sich ganz viele Berufe in den nächsten Jahren maßgeblich verändern werden. Ich würde das allerdings nicht so schwarz/weiß beantworten. Es gibt Berufe, die ganz groß werden und vereinzelt welche, die auch sterben werden. Aber ganz viele Jobs werden sich verändern, so wie es auch schon in den letzten Jahren war. Nehmen wir Grafikdesign als Beispiel: Da hat man noch vor wenigen Jahren viel mit der Hand oder mit Photoshop gemacht. Dann gab es immer mehr ausgetüftelte Designprogramme. Möglicherweise arbeitet man hier in vier oder fünf Jahren vielleicht schon mit AI. Das bedeutet, die Werkzeuge ändern sich immer wieder. Der Job aber bleibt. So wird es in jedem Beruf immer wichtiger, dass man seine Werkzeuge im Griff hat und mit den neuesten Tools, die zur Verfügung stehen, so gut wie möglich umzugehen weiß.  

Man wird nicht von Technologien ersetzt, sondern höchstens von Leuten, die Technologien besser anwenden als man selbst.

Christoph Henrichs, Product & Sales Manager, Technikum Wien Academy

Henrichs sieht beispielsweise in ChatGPT ein ähnliches Werkzeug wie Google, das die Arbeitswelt damals ebenso im großen Stil veränderte. Man hat aber gelernt, damit sinnvoll zu arbeiten. Auch Mahringer hat in den letzten Jahren erlebt, dass der technologische Fortschritt einen erheblichen Einfluss auf den Personalbedarf hat: „Es heißt natürlich nicht, dass wir gar keine Leute brauchen - aber wir sehen beispielsweise, dass wir im Support-Bereich weniger Bedarf haben, weil die Digitalisierung einfach schon so weit fortgeschritten ist. Wir haben zum Beispiel Robotics im Einsatz, wo früher Kolleg:innen Reiseabrechnungen händisch geprüft haben. Es gibt also durchaus Bereiche, die schrumpfen.“

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Welche Weiterbildungen machen jetzt besonders Sinn?

Für Henrichs sind es konkrete Lehrgänge, die in der heutigen Zeit gute Karriereaussichten versprechen: UX Management, Business Analytics und Digital Business. Vereinfacht ausgedrückt lernen Sie bei ersterem, Produkte und Prozesse so zu gestalten, dass diese einen Marktbedarf treffen. Bei Business Analytics steht die Frage im Fokus, wie Sie eine große Menge an Daten sinnvoll visualisieren, um diese effizient nutzen zu können. Und bei letzterem geht es darum, digitale Geschäftsmodelle zu gestalten und zu vermarkten. Es sind somit genau jene Bereiche, die in den nächsten Jahren besonders gefragt sein werden. Wichtig ist allerdings, das neue technische Wissen auch mit der Schnittstelle zur Wirtschaft und Organisation zu verknüpfen - die Prozesse also dementsprechend im Unternehmen anzupassen. Das ist eine Herausforderung, die nicht allen Firmen gelingt, weiß Henrichs. 

Während man über ChatGPT redet, verwendet man intern noch Excel.

Christoph Henrichs, Product & Sales Manager, Technikum Wien Academy

Neben den Fachkompetenzen werden laut Mahringer aber auch die Soft Skills immer wichtiger - also soziale, persönliche Kompetenzen, die beispielsweise eine gute Führung ausmachen. Der Personalprofi gilt als Paradebeispiel für lebenslanges Lernen: Er begann seine Karriere mit einer Lehre als Nachrichtenelektroniker bei A1, nun ist er Personalchef eines Unternehmens mit mehr als 7.000 Mitarbeiter:innen in Österreich. Mahringer versucht, alle vier bis fünf Jahre eine neue Ausbildung zu machen und sich zusätzlich jedes halbe Jahr ein Schwerpunkt-Thema zu überlegen, worauf er sich spezialisiert - also Bücher liest, Podcasts hört oder zu Vorträgen geht. „Was ich für mich gelernt habe: Alles kann man nicht lernen. Aber ich versuche für mich immer wieder ein Fokusthema zu schnitzen. Im Moment ist es beispielsweise Mitarbeiter:innenbindung und -motivation.“

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Wie motiviert man Mitarbeiter:innen zur Weiterbildung?

Zwei wichtige Faktoren, die man als Unternehmen bereitstellen muss, sind laut Mahringer vor allem die notwendige Zeit und ein bestimmtes Budget. „Natürlich haben unsere Mitarbeiter:innen viel Arbeit und stehen auch unter Druck. Wir versuchen aber, trotzdem Zeit dafür bereitzustellen - also die Zeit für die Weiterbildung dezidiert zu blocken. Und es ist ein ganz elementarer Bestandteil unserer Mitarbeiter:innen-Gespräche, in denen man konkrete Ausbildungsziele vereinbart.“ Dabei müssen die jeweilige Situation und individuelle Interessen berücksichtigt werden: Für den einen sind es vielleicht Social Media Skills, für den anderen etwas Technisches und für den dritten Kommunikationsziele.

Ich sage ja gerne: Mitarbeiterbindung ist das neue Recruiting.

Fred Mahringer, Personalchef A1

Die größte Herausforderung ist allerdings, dass man das neue Wissen auch „in die Breite“ bringt, erklärt Mahringer: „Das bedeutet, dass wir beispielsweise 1.000 Techniker:innen haben, die jeden Tag zu Kund:innen fahren. Eine Ausbildung für fünf Leute zu machen - das geht natürlich schnell. Aber es dann für 1.000 Leute umzusetzen, ist eben eine Herausforderung. Da haben wir dann auch Partnerschaften und Partner-Netzwerke, die uns dabei unterstützen.“

Aber wäre es nicht einfacher, externe Profis zu holen anstatt die eigenen Leute auszubilden? 

„Ich glaube, das hat der Arbeitsmarkt schon beantwortet“, so Mahringer. „Weil ich sehe, wie schwierig es ist, in manchen Disziplinen geeignete Leute zu bekommen. Diese interne Mobilität - so bezeichnen wir es, wenn Mitarbeiter:innen intern in einen neuen Bereich wechseln - ist für uns als Arbeitgeber eine Riesenchance. Wir haben beispielsweise sehr lange strategische Einkäufer:innen gesucht. Am externen Arbeitsmarkt mit einem Headhunter haben wir auch noch nach Monaten niemanden gefunden. Im Endeffekt haben wir jetzt zwei Mitarbeiter:innen intern umgeschult, einer davon kommt als Verkäufer aus einem A1-Shop. Er bringt ein unglaubliches Gefühl mit – wie gehe ich mit Kund:innen um, wie verhandle ich? Er wird die neue Aufgabe wunderbar wahrnehmen.“

Bei msg Plaut herrscht eine Wissenskultur. Unsere Mitarbeiter:innen sind neugierig darauf, sich weiterzuentwickeln und wir unterstützen sie dabei.

Marion Vöhr, Sales Director und Prokuristin bei msg Plaut Austria
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Vöhr sieht neben regelmäßigen Mitarbeiter:innen-Gesprächen auch eine angemessene Fehlerkultur als entscheidend an. Mitarbeiter:innen müssen sich ausprobieren und Fehler machen dürfen, weil aus Fehlern lernt man am meisten. Bei msg Plaut wird jährlich ein bestimmtes Budget für Weiterbildungen bereitgestellt und Wünsche von Kolleg:innen, die sich weiterentwickeln möchten, immer ernst genommen. Ist der Bedarf gegeben, bucht Vöhr auch gerne individuelle Schulungen bei der Technikum Wien Academy, die nur für Mitarbeiter:innen ihres Unternehmens abgehalten werden. Vöhr ist zudem Mitglied im Alumni-Beirat der FH Technikum Wien, in dem sich Absolvent:innen engagieren, um neue Initiativen, Formate und Plattformen für die Alumni Crowd, die FHTW und die Technikum Wien Academy zu ermöglichen. Mit letzterer arbeitet sie auch häufig im Rahmen der Weiterbildung zusammen.

Wie kann man seine Mitarbeiter:innen langfristig halten?

Für Mahringer ist Weiterbildung auch eine wichtige Voraussetzung dafür, sein Personal langfristig zu halten. Es gibt drei Bereiche, die Mitarbeiter:innen besonders wichtig sind: Erstens ist das die Flexibilität - zu welcher Zeit kann ich an welchem Ort arbeiten, wie flexibel bin ich und wie passen der Standort und die Arbeitszeit in mein Leben? Hier ist heutzutage auch Home Office eine wichtige Komponente. Zweitens sind die Lernangebote wichtig - wie kann ich mich weiterentwickeln, kann ich in dem Unternehmen wachsen? Und drittens ist das Arbeitsumfeld inklusive Kolleg:innen von besonderer Bedeutung: Wie wohl fühle ich mich hier? Sind diese drei Faktoren gegeben und werden von den Mitarbeiter:innen positiv bewertet, ist die Tendenz groß, dass diese bleiben.

Es gibt in jeder Organisation Menschen, die nicht gerne in die Arbeit gehen. Ich glaube aber, wenn man Freude an der Arbeit hat, wird der Output viel besser. Wenn die Mitarbeiter:innen das gerne machen, dann sind auch die Kund:innen am Ende des Tages zufriedener.

Fred Mahringer, Personalchef A1
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