Finanzierungen: Hoffnung am Horizont
VonStephan ScoppettaDer heimische Immobilienmarkt steht unter dem Druck einer toxischen Mischung: hohe Leitzinsen von 4,5 Prozent, eine anhaltend hohe Inflation von 4,2 Prozent im März und die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-V), die Kreditaufnahmen erschwert. Das sind die schlechten Nachrichten. Doch es gibt auch positive Entwicklungen: Die Immobilienpreise fallen, es gibt Lockerungen bei der KIM-V und viele Banken haben mit speziellen Angeboten auf die verschärften Bedingungen reagiert. Wer ein Immobilienschnäppchen ergattern möchte, sollte jetzt handeln, da die zunehmende Wohnungsnot bald wieder zu steigenden Preisen führen könnte.
Immopreise gesunken
Laut einer UniCredit Bank Austria-Analyse führten der Zinsanstieg und die verschärften Kreditregeln 2023 zu einem Rückgang der Immobilienpreise in Österreich um 1,5 Prozent, während die Nettoeinkommen um fast acht Prozent stiegen. Gerda Holzinger Burgstaller, Chefin der Erste Bank, sagt dazu: „Die Nachfrage nach Eigentum ist nach wie vor rückläufig. Die Menschen weichen auf Miete aus, was steigende Mieten zur Folge hat.“
Fixzinsen günstiger
Finanzierungen sind noch immer teuer, da die Europäische Zentralbank den Leitzins noch nicht gesenkt hat. Alexander Meixner, Geschäftsführer des Kreditvermittlungsportals Creditnet.at: „Wer im April 2022 einen variablen Kredit über 300.000 Euro auf 30 Jahre aufgenommen hat, zahlte monatlich rund 922 Euro. Die Rate ist jetzt um rund 75 Prozent auf etwa 16.05 Euro angestiegen.“ Dabei gibt es ein interessantes Phänomen zu beobachten. Meixner: „Aufgrund einer inversen Zinskurve sind Fixzinskredite derzeit günstiger zu haben als Kredite mit einer variablen Verzinsung.
Ein Fixzinskredit mit einer Laufzeit von 25 Jahren in der Höhe von 300.000 Euro kostete 2022 rund 1.000 Euro. Heute wäre eine monatliche Rate von rund 1.378 Euro zu berappen, also 38 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren.“ Daher empfiehlt Holzinger-Burgstaller: „Aufgrund der besseren Kalkulierbarkeit und damit höheren Sicherheit empfehlen wir nach wie vor Fixzinsvereinbarungen abzuschließen.“
Die UniCredit Bank Austria bietet derzeit bei variablen Krediten den niedrigsten nominellen Zinssatz von 4,75 Prozent an, gefolgt von der Erste Bank mit 4,9 Prozent und der Hypo Vorarlberg mit 5,0 Prozent. Bei Fixzinskrediten mit einer Laufzeit von 30 Jahren und einer Zinsbindung von 29,5 Jahren liegen die nominellen Zinsen bei 3,6 Prozent bei der UniCredit Bank Austria, 3,65 Prozent bei der Erste Bank und 3,7 Prozent bei der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien.
Aktionen locken
Neben den Standardsätzen gibt es auch Sonderkonditionen. Robert Zadrazil, Vorstandsvorsitzender der UniCredit Bank Austria, betont: „Die Förderung leistbaren Wohnens in Österreich ist für uns ein Gebot der Stunde. Daher haben wir ein attraktives Wohnpaket im Ausmaß von 100 Millionen Euro geschnürt, um Familien und insbesondere junge Menschen beim Erwerb des ersten Eigenheims zu unterstützen.“ Diese Kredite ermöglichen den Erwerb des ersten Eigenheims zu attraktiven Konditionen: Bis zu 200.000 Euro können zu Fixzinskrediten von 2,99 Prozent pro Jahr über zehn Jahre finanziert werden. Voraussetzung dafür ist, dass mindestens zwei Personen sich als Hauptwohnsitz bei der finanzierten Immobilie anmelden und kein weiterer Immobilienbesitz besteht. Beträge, die über die maximale Summe für dieses Angebot von 200.000 Euro hinausgehen, werden mit aktuellen Standardkonditionen finanziert. Bei Beanspruchung der Sonderkondition ist das gesamte Finanzierungsvolumen mit 500.000 Euro limitiert und über die UniCredit Bank Austria aufzunehmen.
Strenge Regulierung
Die KIM-V ist in der Immobilien- und Finanzwelt zu einem echten Reizwort geworden. Laut KIM-V muss der Eigenmittelanteil bei der Aufnahme von Krediten mindestens 20 Prozent betragen. Außerdem dürfen Wohnbaukredite nicht länger als 35 Jahre laufen und die Rückzahlungsrate darf maximal 40 Prozent des verfügbaren Nettohaushaltseinkommens (DSTI-Quote) ausmachen. Das führte zu einem Einbruch des Wohnbaufinanzierungsgeschäfts bei den Banken. Daten der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) belegen einen steilen Rückgang in der Vergabe neuer Wohnbaukredite: Von 2,7 Milliarden Euro im Juli 2022 sank das Volumen auf 1,3 Milliarden Euro im August 2022 und fiel weiter auf 0,8 Milliarden Euro im November 2023, was die anhaltende Schwäche des Marktes unterstreicht.
Meixner: „Während die Mindesteigenkapitalvorschriften und Maximallaufzeit noch tragbar wären, so „killt“ die DSTI-Quote einen Großteil der Anfragen, denn die 40 Prozent Schuldendienstquote beziehen sich auf alle Ratenverpflichtungen, die der Kreditnehmer gegenüber Banken oder Leasinggesellschaften hat.“ Das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) hat nun eine Vereinfachung bei der Ausgestaltung der Ausnahmekontingente in der KIM-V empfohlen. Dafür sollen in einer Novelle der KIM-V ein einziges institutsbezogenes Ausnahmekontingent in Höhe von 20 Prozent der Neukreditvergabe vorgesehen und die kennzahlspezifischen Ausnahmekontingente aufgehoben werden. Zadrazil: „Die Schaffung eines einheitlichen Ausnahmekontingentes war ein erster wichtiger Schritt, es braucht aber noch weitere Erleichterungen, um Finanzierungen von Wohnimmobilien wieder attraktiver und leichter zugänglich zu machen.“ Creditnet.at-Chef Meixner sieht diese Erleichterungen kritisch: „Solange die Schuldendienstobergrenze von 40 Prozent unangetastet bleibt, sind die Lockerungen lediglich Wahlkosmetik und werden kaum etwas ändern.“
Zinsen sinken
Gut ist, dass viele Experten davon ausgehen, dass schon bald die Zinsen sinken werden. Zadrazil: „Wir gehen von einer ersten Zinssenkung um 25 Basispunkte im Juni aus. In weiterer Folge wird die EZB einen vorsichtigen Kurs mit einer schrittweisen Senkung um jeweils 25 Basispunkte einschlagen, mit kumulativen Zinssenkungen von 75 Basispunkten in diesem Jahr und 100 Basispunkten im Jahr 2025.“ Damit könnten also schon bald Finanzierungen wieder günstiger werden. Holzinger-Burgstaller: „Wir erwarten eine Erholung des Marktes von Wohnbaufinanzierungen ab dem zweiten Quartal 2024. Ursachen dafür sind die Zinssatzsenkungen sowie die Einführung des Baukonjunkturpakets der Bundesregierung.“