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Berg- und Talfahrt an den Börsen – was nun?

Seit der Pleite der US-Bankhauses Lehman Brothers im September 2008 kennt der Dow Jones, der älteste Aktienindex der Welt, nur eine Richtung: Aufwärts. Einen kurzen und dramatischen Rücksetzer gab es zwar im März 2020,als sich eine weltweite Ausbreitung der Covid-19 Pandemie abzeichnete, doch der Schock währte nur kurz. Überhaupt haben sich die Aktienkurse nach schweren Krisen und Kriegen recht schnell erholt. Wie Analysten der Deutschen Bank errechneten, knickten die Kurse bei Krisen und Kriegen im Durchschnitt um5,7 Prozent ein. Im Schnitt war der Boden der Korrektur nach drei Wochen erreicht und nach weiteren drei Wochen waren die alten Indexstände wieder erklommen.

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Im Grunde war somit alles eigentlich nicht so schlimm. Aber die Durchschnittswerte täuschen ein bisschen darüber hinweg, dass es bei einzelnen Ereignissen auch länger dauern konnte. Zum Beispiel die Ölkrise 1973, sie hatte an den Börsen die längste Erholungsphase unter den Krisen nach dem Zweiten Weltkrieg. Am 29. Oktober 1973 beganndieVerkaufswelleamAktienmarkt,die27 Handelstage andauerte und den S&P-500-Index um 17 Prozent nach unten drückte. Danach dauerte es laut Deutscher Bank 1475 Handelstage, bis die Delle wieder ausgebügelt war. Nach dem dem Anschlag auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 brauchte die US-Börse nur 15 Handelstage, bis das Minus von fast zwölf Prozent wieder aufgeholt wurde.

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Wir empfehlen unseren Wertpapierkunden, breit gestreut zu investieren. Kurskorrekturen bieten immer Einstiegschancen.

Werner Rodax, BAWAG

Einstiegschancen nutzen

Trotzdem der schwierigen Rahmenbedingungen sollte man derzeit also nicht Pessimismus verfallen. Erich Stadlberger, Leitung Private Banking & Asset Management bei der Oberbank: „Die Zeit für Aktien ist nicht vorbei. Beteiligungen an erfolgreichen Unternehmen sind für all jene, die einen langfristigen Anlagehorizont haben und sich bewusst sind, dass man an der Börse auch mit Schwankungen leben muss, fixer Bestandteil des Portfolios. Wir sehen global auch sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die Volkswirtschaften und Märkte. Die Betroffenheit etwa in den USA ist in diesem Falle nicht so stark wie in Europa. Das spricht immer für internationale Streuung und Top-Qualität bei den Unternehmen. Man muss auch immer die Umkehrfrage stellen: kann es sein, dass jetzt ein günstiger Einstiegszeitpunkt ist?“

Zudem hat die Vergangenheit gezeigt, dass Zentralbanken eine aktien-marktfreundliche Politik verfolgten. Langfristiges Altersvorsorgekapital befindet sich weltweit weiter im Wachstum und sucht rentable Anlagemöglichkeiten, die auf einem tiefen Kursniveau eher gefunden werden.

Risiken Streuen

Nachdem es am Sparbuch keine Zinsenmehr gibt, sollten Anleger die Chancen an den Kapitalmärkten nutzen. Werner Rodax, Managing Director bei der BAWAG: „Bei der Veranlagung in Wertpapiere geht es grundsätzlich um längere Veranlagungszeiträume, oft von zehn Jahren oder mehr. Wir empfehlen unseren Wertpapierkundendaher, breitgestreut zu investieren. Kurskorrekturen bieten immer auch gute Einstiegschancen. Allerdings raten wir eher vom Market-Timing ab, sondern empfehlen unseren Kunden, langfristig investiert zu bleiben.“

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Die Zeit für Aktien ist nicht vorbei. Beteiligungen an erfolgreichen Unternehmen sind fixer Bestandteil des Portfolios.

Erich Stadlberger, Oberbank

Zudem sollten Wertpapiereinsteiger mit Fondssparplänenin die Aktienmärkte einsteigen, denn daraus resultiert auch eine zeitliche Streuung. Rodax:„Wer regelmäßig investiert, nutzt den Cost-Average-Effekt. Damit werden über längere Zeiträume Kursschwankungen ausgeglichen. Geht es nach unten, werden Fondsanteile deutlich billiger eingekauft – geht es nach oben, werden weniger Anteile gekauft, weil es teurer ist.“Neben Gold und anderen Sachwerten, wie etwa Immobilien, sollte man auf jeden Fall auch weiterhin in Aktien investieren. Stadlberger: „Wir sind derzeit in den USA mit höheren Gewichten als in Europa investiert und mischen Emerging Markets dazu. Das gilt auch für die Branchen, nie auf ein zu enges Spektrum an Unternehmen zu setzen.“

STEPHAN SCOPPETTA