Wohnung im Dachgeschoß frei, Flüchtlingsfamilie gesucht
Von Julia Schrenk
Ranthild Salzer-Fölß möchte helfen. Die 70-jährige Pharmazeutin lebt in einem großen Haus in Wien-Gersthof. Allein. Ihr Mann ist vor zwei Jahren gestorben, die beiden Töchter sind längst ausgezogen. Die Wohnung im Dachgeschoß des Hauses steht leer. "Immer wieder lese ich, dass Unterkünfte für Flüchtlinge gesucht werden. Ich biete meine hiermit an", sagt Salzer-Fölß.
Zirka 60 Quadratmeter ist die Wohnung in ihrem Dachgeschoß groß. Im Wohnzimmer steht eine Couch-Garnitur, die Küche ist voll ausgestattet, ebenso das Bad, es gibt ein weiteres Zimmer mit Bett und Kasten und einen Schrankraum. "Ich würde mich freuen, wenn hier Flüchtlinge einziehen", sagt Salzer-Fölß.
Vorbild
Die Pharmazeutin, die noch immer arbeitet, ist im Waldviertel geboren und aufgewachsen. Die Berichte über den Krieg in Syrien haben sie oft an ihre Kindheit im Waldviertel denken lassen. Ihre Eltern hatten in ihrem Haus eine Schneiderin aus Wien aufgenommen, deren Wohnung im Zweiten Weltkrieg durch Bomben zerstört worden war. "Die Frau Schlesinger, so hieß sie, hat aus vielen kleinen Stoffteilen Kleidungsstücke für uns Kinder gezaubert. In der Nachkriegszeit haben wir das sehr geschätzt." Jetzt will Salzer-Fölß selbst helfen: "Wir leben hier so super, und andere nicht. Ich will etwas tun."
Von den derzeit rund 8000 Flüchtlingen in Wien wohnen laut dem Fonds Soziales Wien etwa 5200 in privaten Unterkünften. Die Caritas sucht laufend Wohnraum für Asylwerber, anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte. "Leistbarer Wohnraum ist vor allem in Ballungsräumen ein immer größer werdendes Problem. Flüchtlinge erfahren bei der Wohnungssuche oft noch zusätzlich Diskriminierung", sagt Klaus Schwertner, Geschäftsführer der Caritas Wien. "Und wem der Arbeitsmarkt verwehrt bleibt, der kann kaum das Geld für Miete oder Kaution aufbringen."
Seit Kurzem vermittelt die Caritas Flüchtlinge auch direkt an private Quartiergeber. Dazu wird entweder ein Mietvertrag mit der Caritas als Mieter abgeschlossen, oder die Wohnung direkt an den Flüchtling vermietet. Wichtig ist vor allem ein längerfristiges Mietverhältnis, gute Infrastruktur in der Umgebung, Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel. Einen Flüchtling "aussuchen" kann man sich nicht. Wünsche – etwa nach einer Familie mit Kindern – werden berücksichtigt. Auch Ranthild Salzer-Fölß würde sich eine Familie in ihrem Haus wünschen. "Aber wenn jemand anderes kommt, ist das auch in Ordnung. Schließlich will ich ganz einfach helfen."
Wer privat Flüchtlinge aufnehmen will, kann sich an Organisationen wie Caritas oder Diakonie wenden oder auf der Plattform „Flüchtlinge Willkommen“ anmelden. Wird einem Flüchtling eine Wohnung angeboten, tritt die Caritas entweder als Mieter auf oder vermittelt den Flüchtling direkt an den Quartiergeber. Wohnungsbesichtigung und Gespräch folgen. Die Caritas vermittelt Wohnungen an Asylwerber, anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte. Ideal sind Wohnungen für einen längeren Zeitraum, mit guter Infrastruktur und Öffi-Anbindung.