Chronik/Wien

Wo Romantiker und Rambos völlig fehl am Platz sind

Unser Job ist auf der Straße. Demonstrationen, Fußballspiele, Großevents wie das Donauinselfest, Öffi- und Dämmerungs-Streifen, Identitäts-Feststellungen plus Patrouillen auf den Hotspots der Stadt", beschreibt Manfred Ihle, Kommandant der Bereitschaftseinheit die Aufgaben seiner 210 Männer und Frauen starken Truppe.

Die Bereitschaftseinheit gilt als Bewährungsprobe für gerade fertig ausgebildete Polizisten. Die Beamten werden fünf Monate mit den unattraktiven Seiten einer Großstadt konfrontiert.

Beispiel Praterstern: Mit der U 2 fährt ein Dutzend Uniformierte zum Verkehrsknoten in der Leopoldstadt. Schon in der Garnitur vermittelt die Gruppe, mit blauem Barret und blauen Polizei-Overalls gekleidet, Präsenz. Kaum ausgestiegen werden die ersten Personen – in diesem Fall zwei Asylwerber – kontrolliert. Via Handy ist die Gültigkeit der Dokumente rasch geklärt.

Der Weg führt durch die Bahnhofshalle zum Praterstern-Vorplatz. Beim Verlassen des Gebäudes die erste unvorhergesehene Situation: Eine alkoholisierte Hundebesitzerin hat alle Hände voll zu tun, ihr Tier zurückzuhalten. Die aggressive Promenadenmischung faucht Abteilungsinspektor Paul Pany mit voller Lautstärke und bereits auf den Hinterbeinen stehend an. Das Tier hat einen Beißkorb und wird an der Leine geführt. Pany zuckt nicht einmal mit der Wimper. "Ich hab’ den Hund schon gesehen. Wir scannen unsere Umgebung ab. Speziell am Praterstern. Heikle Momente gehören hier dazu."

Stinkefinger

Wenige Meter weiter werden kurz nach elf Uhr sechs Obdachlose überprüft. Zum Teil liegen sie auf Bänken und am Boden. Die Gruppe, vom Balkan stammend, ist schwerst alkoholisiert. Passanten, die hinter den Polizisten gehen, schimpfen die Beamten auf das Gröbste und bedenken sie kollektiv mit dem Stinkefinger. Die Kontrolle geht trotzdem routiniert über die Bühne. Die jungen Polizisten halten sich im Hintergrund. Lernen von den "alten Hasen" lautet die Devise.

Plötzlich kommt Bewegung in die Truppe und alle beginnen zu laufen. Auf der Nebenfahrbahn liegt ein Bewusstloser – ebenfalls völlig betrunken. Drei Polizisten schleppen ihn von der Straße, bringen den Mann in Seitenlage und alarmieren die Rettung. Major Gerald Lischka, Vize-Kommandant: "Hier gilt es auch, an die Eigensicherung zu denken. Manche reagieren rabiat."

Die Einheit wurde heuer von Menschenrechtsexperten heftig kritisiert. Das überzogene Vorgehen bei zwei Amtshandlungen sorgte sogar für Reaktionen der Staatsanwaltschaft. Dass seine Kollegen zu unerfahren seien, weist Kommandant Ihle zurück: "Die jungen Polizisten haben bereits eineinhalb Jahre normal Dienst versehen. Das sind keine Schüler mehr."