Wo in Wien die Flüchtlinge leben
Von Josef Gebhard
Wie sind die Flüchtlinge in Wien auf die einzelnen Bezirke aufgeteilt? Eine an sich relativ simple Frage, zu der der zuständige Fonds Soziales Wien (FSW) bis dato allerdings keine Auskunft erteilen wollte. "Niemand hat ein Interesse daran, einen Wettbewerb zwischen den Bezirken zu eröffnen", sagte zuletzt Flüchtlingskoordinator Peter Hacker im KURIER.
Licht ins Dunkel bringt die aktuelle Beantwortung einer FPÖ-Anfrage durch Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). Demnach gab es im Verantwortungsbereich der Stadt mit Stand Februar insgesamt 108 organisierte Einrichtungen für hilfs- und schutzbedürftige Fremde, heißt es in dem Papier.
Gemeint sind damit jene Quartiere, die von den diversen NGOs betrieben werden und zu diesem Zeitpunkt rund die Hälfte der Flüchtlinge in Wien beherbergten. Der Rest war in privaten Einrichtungen untergebracht.
Die Momentaufnahme zeigt eine sehr ungleichmäßige Aufteilung der Flüchtlinge über die Stadt. Spitzenreiter war demnach die Landstraße mit 1356 Flüchtlingen, aufgeteilt auf vier Einrichtungen. Den Löwenanteil machte dabei das Quartier in der Zollamtsstraße aus, das im Februar noch rund 900 Personen beherbergte. Im Vergleich dazu waren auf der Wieden lediglich 20 Personen untergebracht (siehe Grafik).
Neubaus grüner Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger bleibt ob dieser Zahlen gelassen: "Mittlerweile sind in unserem Bezirk nur mehr maximal 150 Flüchtlinge. Ich hatte aber zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass hier zu viele untergebracht waren." Grundsätzlich sei es natürlich sinnvoll, auch in den großen Flächenbezirken für Quartiere zu sorgen. "Das scheitert dann aber oft an den Anrainern. Die Flüchtlinge werden dann eher in jenen Bezirken untergebracht, wo es weniger Widerstand gibt", sagt Blimlinger.
"Quartiere werden immer dort geschaffen, wo es die Möglichkeit dazu gibt, heißt es dazu auch beim FSW. Seit Februar habe es in allen Bezirken Veränderungen bei den Belegungszahlen in den Einrichtungen gegeben, "da laufend kleinere Einrichtungen aufsperren, um die großen Notquartiere zu entlasten", betont ein Sprecher des FSW.
FPÖ für Aufnahmestopp
Für die FPÖ zeigen die Zahlen vor allem eines: "Wien übererfüllt die Quote längst", sagt Klubobmann Dominik Nepp. "Anstatt sich das Gesetz wie die Bauordnungsnovelle nun so zu biegen, um noch mehr Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen, muss es endlich einen Aufnahmestopp geben. Unsere Kapazitäten sind längst erschöpft. Die Infrastruktur – sei es im medizinischen, schulischen oder verkehrstechnischen Bereich – ist nicht gegeben."
Mohammed muss lachen. Der 27-jährige Asylwerber aus dem Irak lebt in der Flüchtlingsunterkunft des Roten Kreuzes in der Vorderen Zollamtsstraße im dritten Wiener Gemeindebezirk und blättert durch das Integrationshandbuch "Angekommen" (herausgegeben vom Österreichischen Roten Kreuz), das das Leben in Österreich auf Deutsch, Englisch, Arabisch und Dari (Neupersisch, gesprochen in Afghanistan) erklärt.
Dass er jetzt in einem Handbuch nachschauen kann, wenn er sich mit den Gegebenheiten in Österreich nicht auskennt, findet er "absolut wichtig". "Dadurch kann ich mir viele Fehler in der Zukunft ersparen." Mohammed wusste zum Beispiel noch nicht, dass man, wenn man krank ist, in Österreich einfach zum Arzt geht und nicht in die Notfallambulanz im Spital. "Das ist in Bagdad anders", sagt er. Auch das "berühmte Mülltrennen" - wie es Integrationsexperte Heinz Faßmann nennt - wird im dem Büchlein erörtert. "Der Müll wird getrennt. Es gibt eigene Behälter für Papier, Plastik, Glas, Metalldosen und für alle Übrige (= Restmüll)", ist in dem Buch zu lesen. "Ja!", sagt Mohammed. "Das wusste ich schon."
146 Seiten umfasst das Handbuch. 60.000 Bücher sollen demnächst an Flüchtlinge in den verschiedenen Asylunterkünften aller Hilfsorgansiationen ausgegeben werden.