Wiener Skandal-Spital KH Nord kostete 1,26 Milliarden Euro
Die Endabrechnung für das wohl umstrittenste Wiener Spital ist da: Die Klinik Floridsdorf – besser bekannt als Krankenhaus Nord – kostete demnach genau 1,262 Milliarden Euro.
Mit der heutigen Bekanntgabe dieser Summe findet, wie es Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) formulierte, ein „politisch heiß umfehdetes Projekt“ seinen Abschluss. Ein Projekt, das unter anderem wegen massiver Kostenüberschreitungen und Bauverzögerungen so stark in die Negativ-Schlagzeilen geraten war, dass es zur Image-Korrektur sogar umbenannt wurde.
Was ist nun von den Befürchtungen geblieben? Und wer ist letztlich auf den Kosten für den kuriosen „Energiering“ um das Spital sitzen geblieben?
Der KURIER beantwortet diese und weitere wichtige Fragen zum Kassensturz.
Wie viel teurer als geplant ist das KH Nord nun?
Das kommt darauf an, welchen Vergleichswert man heranzieht. Als die SPÖ im Jahr 2005 bekannt gab, das Spital bauen zu wollen, war von Kosten zwischen 200 und 300 Millionen Euro die Rede. Allerdings plante man damals ein 450- und kein 785-Betten-Haus. Für Letzteres wurden die Kosten später zunächst mit 825 Millionen und dann mit 1,1 Milliarden Euro beziffert.
Der Rechnungshof ging in einer Prognose zuletzt sogar von 1,41 Milliarden Euro aus. Angesichts dieses Zahlen-Chaos gab Stadtrat Hacker nach seinem Amtsantritt im Jahr 2018 dem Gesundheitsverbund eine Obergrenze von exakt 1,341 Milliarden Euro vor.
Diese wurde laut Endabrechnung unterschritten – Hacker kann erleichtert sein.
Dennoch sind die 1,262 Milliarden Euro um einiges mehr als geplant. Ursprünglich seien 829 Millionen Euro veranschlagt gewesen, rechnete Herwig Wetzlinger, Vize-Generaldirektor im Gesundheitsverbund, am Montag vor.
Zu dieser Summe müsse man aber den Preisanstieg während der langen Bauzeit hinzurechnen. Man liege nun, wenn man den damaligen Betrag valorisiere, 25 Prozent über der Prognose.
Warum sind die Kosten etwas weniger stark explodiert als befürchtet?
Weil der Gesundheitsverbund überzogene Rechnungen und Mehrkostenforderungen (die von den Auftragnehmern mit den Bauverzögerungen begründet wurden) von in Summe 400 Millionen Euro abwenden konnte.
In Einzelfällen konnten Korrekturen von mehr als 90 Prozent des geforderten Betrags erzielt werden, hieß es. Ein Beispiel dafür ist jener Bauzaun, der wegen des Angebotspreises von satten 826.000 Euro Schlagzeilen machte. Tatsächlich abgerechnet wurden jetzt 38.000 Euro.
Konnte man das Geld für den berühmten „Energiering“ zurückverlangen?
Die Rechnung von über 90.000 von einem Energetiker, der einen „Energiering“ um das Spital ziehen sollte, musste der Gesundheitsverbund begleichen. Sie ist laut Wetzlinger zu Recht gestellt worden, weil es einen entsprechenden Auftrag gab: „Auch wenn der Inhalt dieser Leistung keinesfalls ein richtiger war.“
Die Idee
Um die Gesundheitsversorgung zu sichern, traf die Stadtregierung im Jahr 2005 die Entscheidung, in Floridsdorf ein neues Spital zu bauen. 2012 wurde der Grundstein gelegt. Im Frühling 2019 ging das Krankenhaus – mit drei Jahren Verspätung – in Betrieb.
785 Betten ...
... sind dort verfügbar. 2.500 Mitarbeiter kümmern sich um die Patienten – seit Ausbruch der Pandemie auch vermehrt um Corona-Erkrankte: Knapp 2.000 Covid-Patienten wurden bisher betreut.
46.000 Ambulanzbesuche ...
... und 250.000 stationäre Aufnahmen können jährlich bewältigt werden.
Namensfindung
Geplant und allseits bekannt ist das Haus als Krankenhaus Nord. Zwischendurch war der Name Franz-Jonas-Spital im Gespräch. Eröffnet wurde das Krankenhaus schließlich als Klinik Floridsdorf.
8.000 Mängel ...
... listete der Rechnungshof in seinem viel zitierten Bericht aus 2018 über das Krankenhaus Nord auf. Sie sind laut Gesundheitsverbund
mittlerweile alle beseitigt
Wie fielen die politischen Reaktionen aus?
FPÖ und ÖVP kritisierten das Ergebnis des Kassensturzes scharf. Die Mehrkosten seien vor allem auf Indexanpassungen geschoben und Fehlplanungen nicht eingeräumt worden, monierte der blaue Gesundheitssprecher Wolfgang Seidl.
Für sein türkises Pendant Ingrid Korosec ist das Krankenhaus Nord ein Sinnbild des „gescheiterten Projektmanagements der Stadt“.
Die Neos, einst heftige KH-Nord-Kritiker und nun Koalitionspartner der SPÖ, zeigten sich unterdessen erfreut, dass so viele Forderungen abgewehrt werden konnten.
Wie will man einen neuen Fall KH Nord verhindern?
Künftig kümmert sich eine eigens gegründete Gesellschaft im Gesundheitsverbund um große Bau- und Sanierungsmaßnahmen in den Spitälern.