Druck auf Vassilakou wächst: Wiener Grüne lehnen Heumarkt-Projekt ab
Die Wiener Grünen lehnen das Projekt zur Neugestaltung des Heumarkt-Areals ab - wenn auch knapp. Das zeigt das am Freitagnachmittag bekannt gegebene Ergebnis der Urabstimmung, die die Partei unter all ihren Mitgliedern abgehalten hat. Demnach haben 51,33 Prozent der Teilnehmer gegen das Vorhaben votiert, teilte die Partei mit.
"Auf unsere Mitglieder ist Verlass"
"Unglaublich", war die Reaktion von Alexander Hirschenhauser, Chef der City-Grünen und Sprecher der Initiative "Urabstimmung". "Auf unsere Mitglieder ist Verlass." Die Kollegen im Rathaus müssten sich jetzt dafür einsetzen, dass das Projekt zurück an den Start kommt. So, wie es jetzt ist. Das Ergebnis sei knapp, aber eindeutig.
Ergebnis bindend
Von den stimmberechtigten 1.313 Mitgliedern der Grünen Wien haben demnach 685, also 52,17 Prozent, an der Befragung teilgenommen. Damit ist das Ergebnis laut Parteistatus bindend. Denn das nötige Quorum dafür beträgt mindestens 50 Prozent.
348 Personen, also 51,33 Prozent, haben auf die Frage "Sollen die Wiener Grünen der Flächenwidmung 7984 am Heumarkt beim Eislaufverein und damit dem Hochhausbau im Kerngebiet des UNESCO-Weltkulturerbes zustimmen?" mit Nein abgestimmt. 330, also die Minderheit von 48,67 Prozent, haben somit für das Vorhaben votiert.
Vassilakou: "Ergebnis gemeinsam beraten"
Vassilakou stand vorerst für ein persönliches Statement nicht zur Verfügung. Über ihren Sprecher ließ sie der APA ausrichten, dass man das Ergebnis nun "gemeinsam beraten und daraus die entsprechenden Schlüsse ziehen" werde. Zu diesem Zweck sind für Montag Treffen der Parteigremien vorgesehen.
Ob das Nein der grünen Basis das Ende des Heumarkt-Projekts bedeuten könnte bzw. ob die Ressortchefin persönliche Konsequenzen aus dem ablehnenden Votum ziehen wird, blieb am Freitagnachmittag demnach offen. Weder im Vassilakou-Büro noch in der Partei wollte man derlei Fragen beantworten. Keine konkreten Details gab es vorerst außerdem über Ort und Zeit der Gremiensitzungen. Nur soviel: Die Debatte werde auf breiter interner Ebene geführt werden.
Für Vassilakou dürfte das Negativresultat der Urabstimmung jedenfalls alles andere als erfreulich sein. Sie hatte das Projekt des privaten Investors Michael Tojner stets unterstützt. Das entsprechende Widmungsverfahren über die betreffende Fläche, auf der sich das Hotel Intercontinental, der Eislaufverein und das Konzerthaus befinden, läuft bereits.
Hintergrund
Die Pläne für die Neugestaltung sahen neben einem 66-Meter-Gebäude auch den Neubau des Hotels Intercontinental und die ganzjährige Zugänglichkeit bzw. Nutzbarkeit der Flächen des Eislaufvereins vor, dessen Erhalt langfristig abgesichert werde, argumentierte die Stadt. Bezahlt wird das von der Wertinvest, die dafür die Widmung für das Hochhaus bekommt, monieren Kritiker. Im Hauptfokus der Debatte liegt aber die mit dem Turm verbundene drohende Aberkennung des Weltkulturerbe-Status durch die UNESCO. Im Juli entscheidet sich, ob Wien - als Vorstufe - einmal auf die Rote Liste kommt.
Das Vorhaben sorgte seit Monaten nicht nur für Aufruhr bei Denkmalschützern und der Opposition, sondern hat zuletzt auch die Grünen gespalten. Die Gegner des Projekts mit Alexander Hirschenhauser, Klubobmann der Grünen Innere Stadt, als Sprecher sammelten deshalb Unterschriften für eine Urabstimmung. Diese muss laut Parteistatut dann abgehalten werden, wenn zumindest ein Zehntel der Mitglieder eine solche wollen - was gelang. Die schriftliche Befragung lief seit 27. März.
Nach dem Nein der Basis der Wiener Grünen zur geplanten Neugestaltung des Heumarkt-Areals machen die Sieger der Urabstimmung postwendend Druck auf ihre Parteifreundin, Planungsstadträtin Maria Vassilakou. Sie fordern, dass das Vorhaben in dieser Form abgeblasen wird. "Ich erwarte mir, dass das Projekt zurück an den Start geht", sagte Alexander Hirschenhauser, einer der Urabstimmungsinitiatoren.
"Das Quorum wurde erfüllt, somit ist das Ergebnis laut Parteistatut bindend", sagte Hirschenhauser, der auch Klubobmann der Grünen Innere Stadt ist, am Freitagnachmittag im APA-Gespräch. "Das heißt, die grüne Partei darf und kann das Projekt in dieser Form nicht unterstützen." Nach diesem Ergebnis könne niemand mehr im Namen der Grünen sagen, dass die Partei für die Neugestaltung sei. Daher erwarte er sich von den grünen Mandataren, dass diese sich nun gegen die Pläne aussprechen. Gemeint ist damit die nötige Abstimmung der Flächenwidmung im Gemeinderat.
Sollte ein Umbau des Areals stattfinden, dürfe der neue Bau nicht höher als der jetzige ausfallen und die Pläne müssten eine "massive Reduktion der Kubatur" gegenüber dem aktuellen Vorhaben beinhalten, so Hirschenhauser.
Er betonte, dass er es "toll" von Vassilakou finde, dass sie die ganze Zeit über zu ihrer Meinung gestanden habe. "Das beweist Rückgrat", sagte er. Nachsatz: "Gleichzeitig erwarte ich mir, dass sie die Mehrheitsmeinung der Grünen ernst nimmt und entsprechend agiert."
Die NEOS fordern angesichts des Ergebnisses der Urabstimmung der Wiener Grünen über das Projekt zur Neugestaltung des Heumarkt-Areals eine Volksbefragung. Sie wollen bei der nächsten Gemeinderatssitzung am 5. Mai einen entsprechenden Antrag einbringen, kündigte die Wiener NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger in einer Aussendung am Freitagnachmittag an.
Die Wiener NEOS stünden dem Projekt grundsätzlich positiv gegenüber, hielt Meinl-Reisinger fest. "Der Weltkulturerbestatus ist für Wien allerdings zu wichtig, als dass über dessen möglichen Verlust nur Parteimitglieder entscheiden dürfen. Eine breite politische Diskussion über die Parteigrenzen hinweg und vor allem auch unter Berücksichtigung der Bürgerinnen und Bürger ist daher unausweichlich", betonte sie. Deshalb fordert sie, dass die Wiener Bevölkerung über das Projekt entscheiden dürfe, wenn klar sei, dass das Vorhaben zur Aberkennung des Weltkulturerbes führen werde.
Für den Wiener ÖVP-Obmann Gernot Blümel ist das Ergebnis der Abstimmung "eine interne Ohrfeige für (Planungsstadträtin Maria, Anm.) Vassilakou und ihren Adlatus (Planungssprecher Christoph, Anm.) Chorherr, die damit auch ihre Partei gespalten haben". Vassilakous Aufgabe wäre es gewesen, "das Weltkulturerbe und die Zukunftsentwicklung unserer Stadt unter einen Hut zu bringen", sagte Blümel in einer Aussendung.
Von Beginn an sei von den Grünen "alles falsch gemacht worden", kritisierte er. Die Warnungen seitens der UNESCO und ICOMOS seien ignoriert worden, auf die Interessen der Bürger sei nicht eingegangen worden, und den Investoren habe man "durch diese chaotische Politik keinerlei Planungssicherheit" bieten können.