Chronik/Wien

Wiener Grüne: Kraus tritt als Spitzenkandidat an

Nun ist es offiziell: Nach monatelangen Spekulationen hat Gemeinderat Peter Kraus am Wochenende – als erster aller potenziellen Anwärter – bekannt gegeben, dass er sich als grüner Spitzenkandidat für die nächste Wien-Wahl (planmäßig 2020, Anm.) bewirbt. Dass Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou ebenfalls antritt, wird damit immer unwahrscheinlicher. Ohne Gegenkandidaten wird Kraus wohl trotzdem nicht bleiben.

Wer den ersten Listenplatz der Wiener Landesgruppe ergattern will, kann sich ab morgen, Montag, dafür bewerben – und sich  damit einem neuen Auswahlverfahren stellen, in dem die grüne Nummer eins per Briefwahl gekürt wird. Kraus informierte am  Sonntag Parteifreunde über seine Kandidatur. „Ich habe diese Entscheidung getroffen, weil ich der festen Überzeugung bin, dass wir dem rechtskonservativen Wind in unserem Land eine mutige, progressive, linke Politik entgegenstellen müssen“, schreibt der 31-Jährige an sie. Mit einem Video wirbt er bereits auch online um Unterstützer.

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Kraus sitzt seit 2015 im Gemeinderat und ist Sprecher der Grünen Andersrum Wien. „Er ist bei den Jungen sehr beliebt“, sagt ein Parteiinsider. „Insbesondere in der Schwulen-Community.  Er kann neue Leute mobilisieren.“ Dass der Vassilakou-Vertraute Kraus von der bisherigen Front-Frau Konkurrenz bekommen könnte, ist zu bezweifeln. Denn beide werden zum Realo-Flügel gezählt und würden sich gegenseitig Stimmen wegschnappen.  Offiziell hat sich bisher nicht dazu geäußert. 

Schweigsam gab sich zuletzt auch Rathaus-Klubchef David Ellensohn. Dem Vernehmen nach soll er demnächst ebenfalls seine Kandidatur bekannt geben. Der 55-Jährige gilt als Vertreter des linken Lagers. „Ellensohn ist ein alter Fuchs – er weiß, wie man ein Büro führt und mit der SPÖ verhandelt“, ist aus der Partei zu hören. „Aber er steht für das alte System.“

Kovacs zieht sich als Landessprecher zurück

Landessprecher Joachim Kovacs, der lange Zeit als potenzieller Bewerber galt, hat sich am Nachmittag selbst aus dem Rennen genommen. Er werde aus der Auszeit nach der Geburt seiner Tochter nur mehr für einen "geordneten Abschied" zurück kehren, schrieb er auf Facebook. "Der Glaube an einen ehrlichen Neuanfang ist bei mir nicht angekommen. Und weiterwurschtln wie bisher ist für mich keine Option. Ich habe daher für mich entschieden, dass hier meine grüne Reise endet", schreibt er. 

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Zudem liefen in den vergangenen Tagen Versuche, Bundesrätin Ewa Dziedzic und Hans Arsenovic, Chef der Grünen Wirtschaft in Wien, zu einer Kandidatur zu überreden.

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Koalitionszwist

Ein Duell  zwischen Ellensohn und Kraus ist für Politikberater Thomas Hofer ein realistisches Szenario. Die Leistung Vassilakous werde grün-intern unterschätzt, betont er. „Sie hat es  über einige Zeit geschafft hat, die rebellische Landesgruppe zu domestizieren. Sie hat die Wiener Grünen koalitionsfähig gemacht“, sagt er. In der breiten Öffentlichkeit und bei der Basis habe die Vizebürgermeisterin aber Feuer auf sich gezogen – Stichwort Hochhaus am Heumarkt.

Ob eher Kraus oder Ellensohn die  Grünen  vor einer erneuten Wahl-Schlappe bewahren könnte, ist für Hofer schwer einschätzbar: „Beide sind nicht rasend bekannt. Ellensohn hat mehr Erfahrung, was zugespitzte  Kommunikation betrifft. Aber Kraus ist nicht zu unterschätzen. Er verkörpert die Zukunft.“ 

Und wer käme der SPÖ gelegener? Der Koalitionspartner werde vorerst mit jedem Kandidaten das Auslangen finden, glaubt Hofer. Auf lange Sicht seien aber mehr Konflikte vorprogrammiert. Hofer: „Der Neue muss Kante zeigen und sich positionieren – auf Kosten der SPÖ.“

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