Wiener Grüne: Countdown zur Nummer eins
Bis Dienstag, 23.59 Uhr, muss sich Maria Vassilakou entscheiden. Dann endet die Bewerbungsfrist für all jene, die auf der grünen Liste für die nächste Wien-Wahl (laut Plan 2020, Anm.) ganz oben stehen wollen. Bisher hat sich die langjährige Frontfrau noch nicht geäußert, ob sie kandidiert. Dass sie es tut, gilt aufgrund ihres schwindenden Rückhalts in der Partei aber als unwahrscheinlich. Zwei potenzielle Nachfolger haben sich bereits aus der Deckung getraut: Gemeinderat Peter Kraus und Klubchef David Ellensohn. Letzterer lässt seither mit Spitzen gegen Vassilakou aufhorchen.
Zum Beispiel: Sollte Ellensohn das neue Auswahlverfahren gewinnen, will er sogleich Vassilakous Amt im Wiener Rathaus übernehmen. „Das gilt nicht nur für mich“, beteuert er im Rahmen der SchauTV-Reihe „Warum eigentlich ...?“. Wie berichtet, lassen die Grünen im November erstmals sowohl Mitglieder als auch Wiener die 15 Euro bezahlen und sich online registrieren, ihre Nummer eins mitwählen. Innerhalb von zwei Wochen haben sich rund 700 Personen angemeldet. „Wer immer gewinnt, sollte Vizebürgermeister werden und die Arbeit von Mary fortsetzen. Oder sie kandidiert selbst“, sagt Ellensohn. Nachsatz: Er selbst rechne nicht damit, dass sie antrete.
Als Gegner Vassilakous will sich Ellensohn aber nicht sehen. „Wir führen seit 2004 gemeinsam die Wiener Grünen (Vassilakou wurde damals Klubobfrau, Ellensohn nicht amtsführender Stadtrat, Anm.). Wir haben jetzt nicht jeden Tag gegeneinander gearbeitet“, erklärt er. Nichtsdestotrotz stehen die beiden für unterschiedliche Parteiflügel: Das Realo-Lager um Vassilakou und um ihren politischen Ziehsohn Kraus – sowie die „Fundis“ um Ellensohn. Im Rathaus-Klub, der im Rennen um die Nummer eins ein wichtiger Multiplikator ist und bei der Besetzung des grünen Regierungspostens mitmischt, überwiegen derzeit die Ellensohn-Unterstützer.
Inhalte offen
Mit welchen Inhalten der 55-Jährige punkten will, blieb er bisher schuldig. Zentrale Themen seien jedenfalls Arbeit und leistbares Wohnen, erklärt Ellensohn im SchauTV-Gespräch. Sein konkretes Wahlprogramm will er erst nach Ende der Bewerbungsfrist vorstellen. Zu seinem persönlichen Wahlziel verrät Ellensohn nur soviel: 2015 sei er mit 96 Prozent auf den zweiten Listenplatz gewählt worden. „Das wird in einem Wettbewerb mit mehreren guten Kandidaten nicht gehen.“
Obwohl die Zeichen derzeit auf ein Duell zwischen Ellensohn und Kraus hindeuten, bleibt ein Unsicherheitsfaktor: Zieht sich Vassilakou zurück, gibt es keine Bewerberin. Über das Wochenende laufen parteiintern Bemühungen, das noch zu ändern. Sollten sie nicht glücken, ist ein Kriterium im Anforderungsprofil für einen weiteren Führungsposten klar: Lösen Ellensohn oder Kraus Vassilakou ab, braucht es künftig wohl eine grüne Klubobfrau.