Chronik/Wien

Wien will alle Schüler "durchlassen" - auch mit Fünfer

Die Matura soll heuer wegen der Corona-Krise nur schriftlich stattfinden. Das gab Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) bei einer Pressekonferenz Mittwochmittag bekannt. In die Note soll auch das Halbjahreszeugnis einfließen, zudem muss jeder Schüler nur in drei Fächern antreten. Damit ist aber nur die Situation eines kleines Teils der österreichischen Schülerschaft geklärt. Die Verantwortlichen der Stadt Wien kritisieren diesem Umstand. 

Wien will 2020 kein Sitzenbleiben

Geht es nach der Bundesregierung, kann jeder, der ein „Nicht genügend“ erhält, dieses im Juni bei einer Kompensationsprüfung ausbessern. In Wien hält man davon wenig: Man will einfach alle Schüler aufsteigen lassen, auch mit Fünfern. Das sagte Bildungsstadtrat Jürgen  Czernohorszky (SPÖ) am Mittwoch im ORF-Interview: "Ich bin dafür, dass man sich auf die Semesternote verlassen sollte und sie nur verbessern kann. Und ich bin auch dafür, dass im Jahr 2020 kein Schüler und keine Schülerin durchfällt." So könne der Druck herausgenommen werden. 

Ein weiterer Kritikpunkt der Stadt Wien ist, dass es bisher noch keine konkreten Pläne der Regierung bezüglich des weiteren Vorgehens gibt. Während viele Branchen bereits eine Perspektive hätten, fehle diese in den Schulen noch. Bisher hält man sich im Ministerium mit Perspektiven zurück, man wolle erst nach Ostern entscheiden.

"Es bräuchte deutliche Aussagen, wie das Hochfahren jetzt parallel zum Handel passieren kann", sagt Czernohorszky. Es dürfe nicht passieren, dass eine Handelsangestellte fünf Tage arbeiten muss, während ihr Kind betreut wird, und dann am Abend noch den Lernstoff mit dem Kind durchgehen müsse, sagt der Bildungsstadtrat. Immerhin werden in den nächsten Wochen über 5.000 Betriebe in Wien wieder aufsperren. 

Ein Prozent der Kinder wird betreut

Mit dieser Betreuung ist das Angebot gemeint, das bereits jetzt von Eltern genutzt werden kann. Die Schulen sind im Moment für jene Kinder geöffnet, deren Familien sich nicht um sie kümmern können. Derzeit liegt die Betreuungsquote bei unter einem Prozent. Bedacht genommen werden soll nun besonders auf jene Kinder, die von den Schulen nicht erreicht werden können. Prinzipiell könne jeder, der Bedarf hat, das Kind tagsüber in die Schule bringen. Das gelte nicht nur für Eltern in strukturerhaltenden Berufen sondern auch für Alleinerzieherinnen, die in die Arbeit müssen. 

„Sechs Prozent antworten nicht auf die Aufforderung, bei Distance Learning teilzunehmen“, sagt Faßmann. Die viel zitierte Quote von 20 Prozent stimme nicht. Die Hälfte der sechs Prozent werde nicht erreicht, weil sich die Familien möglicherweise in den Heimatländern befinden. Die andere Hälfte verfüge nicht über die benötigte technische Ausstattung.