Chronik/Wien

Neuer Kodex: “Wien ist die transparenteste Gemeinde Österreichs”

“Es handelt sich um eine große Transparenzoffensive in Wien”, sagte Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr stolz. Er, übrigens auch Transparenzstadtrat, bezieht sich damit auf die Erstellung des neuen Wiener Public Corporate Governance Kodex (WPCGK). 

Bei der Präsentation in der Volkshalle des Wiener Rathauses waren auch Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke, Finanzdirektor Christoph Maschek und Susanne Kalss, Universitätsprofessorin für Unternehmensrecht an der Wiener Wirtschaftsuniversität, anwesend. “Zum ersten Mal gibt es nun einen Kodex für städtische Beteiligungsunternehmen, das wird vieles verändern und zu einem neuen Niveau führen”, sagte Wiederkehr außerdem.

120 neue Regelungen

Es gibt zahlreiche Unternehmen, an denen die Stadt Wien beteiligt ist. Etwa die Wien Energie, die Wiener Linien - oder auch die Wiener Festwochen zählen dazu. Als Eigentümerin sei die Stadt den Prinzipien guter Corporate Governance (Anm.: Ordnung) verpflichtet. Für diese gäbe es nun modernisierte und transparente Leitlinien durch den neu eingeführten Kodex. 

Er umfasst 120 Regelungen, davon sind 89 verpflichtend, der Rest sind Empfehlungen. Fortan besteht beispielsweise eine Verpflichtung dazu, einen jährlichen Corporate Governance Bericht zu verfassen. Bei Unternehmen, an denen die Stadt Wien nur mit einer Minderheit beteiligt ist, müsse seitens der Stadt und der von ihr entsandten Organe so gut wie möglich auf die Umsetzung des Kodex hingewirkt werden. 

Cooling-Off-Phasen

Der Kodex regle etwa die Zusammensetzung von Aufsichtsrat und Geschäftsführung und lege verantwortungsvolle, stabile und transparente Entscheidungsprozesse fest. Außerdem ziele er auf eine klare Abgrenzung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten zwischen der Eigentümerin Stadt Wien auf der einen und den einzelnen Unternehmensbeteiligungen auf der anderen Seite ab. 

Auch der Bestellprozess für Aufsichtsräte wurde reformiert. “Besonders die Cooling-Off-Phasen bei Unvereinbarkeit und der strenge Umgang mit Interessenkonflikten sind ein wichtiger Schritt”, sagte Wiederkehr. Künftig müssen demnach 12 Monate vergehen, bis eine Person aus der Geschäftsführung in den Aufsichtsrat wechseln kann.

Umsetzung schrittweise 2025

Hanke sprach von einem Meilenstein und betonte, dass er aus beiden Welten stammt. So habe er 25 Jahre operativ bei der Wien Holding gearbeitet und nun trage er politische Verantwortung. “Mehr als 140 Unternehmen unterliegen den neuen Regelungen. Verbindliche Frauenquoten und Höchstaltersgrenzen in Aufsichtsräten sind Ausdruck einer Beteiligungspolitik, die die Zeichen der Zeit erkennt.” 

Der WPCGK soll im Jahr 2025 schrittweise umgesetzt werden, “sodass er 2026 volle Wirksamkeit entfalten kann”, sagte Finanzdirektor Christoph Maschek. “Ab da werden auch die ersten Corporate Governance Berichte gemeinsam mit dem jeweiligen Jahresabschluss für das Jahr 2025 veröffentlicht werden”, ergänzte er. Mit den gebündelten Informationen sei zudem auch Rechenschaft gegenüber der Öffentlichkeit und den Steuerzahlern und Steuerzahlungen verbunden, erklärte Susanne Kalss. 

Fortschrittskoalition und Finanzskandal 

Um für die Leitung und Überwachung der städtischen Unternehmen einen einheitlichen Ordnungsrahmen zu schaffen, habe sich die “Fortschrittskoalition” in ihrem Regierungsprogramm auf die Erstellung eines eigenen WPCGK geeinigt, hieß es weiter von Wiederkehr. Von Seiten der Wiener ÖVP heißt es dazu in einer aktuellen Aussendung: „Bereits vor Jahren wurde die Etablierung eines Wiener Public Corporate Governance Kodex angekündigt, jedoch nie umgesetzt. Dass dieser nun offenbar Realität wird, ist der unermüdlichen Aufdeckungsarbeit der Wiener Volkspartei zu verdanken und den Erkenntnissen aus der Untersuchungskommission zum SPÖ-Finanzskandal geschuldet“, so der Klubobmann der Wiener Volkspartei Markus Wölbitsch und weiter: „Dieser wird nun natürlich umfassend von unserer Seite geprüft, ob dieser auch den erforderlichen strengen Ansprüchen genügt.“

Der SPÖ-Finanzskandal zur Causa Wien Energie hätte zahlreiche Mängel im Bereich des Beteiligungsmanagements und der Bestellung der Aufsichtsräte offenbart. “Dies wurde in weiterer Folge auch vom Rechnungshof bestätigt. So beschränkte sich das Beteiligungsmanagement der Stadt Wien auf die Übernahme von Angaben und Kennzahlen der Wiener Stadtwerke ohne eigene Beurteilungen und Analysen. Und das Auswahlverfahren der Stadt Wien für die Nominierung der Vertreter im Aufsichtsrat der Wien Energie erfolgte nicht auf Basis nachvollziehbarer fachlicher Kriterien im Rahmen eines transparenten Prozesses”, heißt es weiter in der Aussendung. 

Hanke: “Freilich hat die Causa Wien Energie hier mitgewirkt, daraus resultieren Lerneffekte. Wir waren uns aber schon davor einig, dass Transparenz wichtig ist. Wien ist die transparenteste Gemeinde Österreichs. Und das nicht, weil wir das selbst sagen, sondern weil das andere über uns sagen.”

Der gesamte WPCGK wird auf der Website der Finanzverwaltung der Stadt Wien für alle zur Verfügung stehen.