Wien Energie: Empörung über Fehlen Ludwigs und Hankes beim Krisengipfel
Von Josef Gebhard
Angesichts der Finanzierungprobleme der Wien Energie gerät die Wiener Stadtregierung zunehmend unter Druck. Wie berichtet, kam am Sonntag im Zuge eines Krisengipfels im Bundeskanzleramt zu Tage, dass das Unternehmen die für den Handel auf den Energiemärkten nötigen Sicherheiten nicht mehr bereitstellen kann und sich deshalb mit der Bitte um Unterstützung an das Finanzministerium gewandt hat. Dem Vernehmen nach soll es um eine Summe von rund 1,7 bis 1,8 Milliarden Euro gehen.
Bei dem Gipfel waren zwar Vertreter der Wien Energie, aber seitens des Eigentümers Stadt Wien weder Bürgermeister Michael Ludwig noch Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) anwesend.
„Das ist erzürnend“, sagt ÖVP-Klubobmann Markus Wölbitsch am Montag bei einer Pressekonferenz. Es kann schließlich nicht sein, dass der Bürgermeister nicht eingebunden war. „Es geht nicht, dass er jetzt einfach abtaucht“, kritisiert Energiesprecher Manfred Jurazcka.
Fünf Fragen an Ludwig
Die ÖVP wendet sich jetzt mit fünf Fragen an Ludwig, kündigt er an:
Ist für zwei Millionen Kunden der Wien Energie die Versorgungssicherheit gegeben?
Wo waren Ludwig und Stadtrat Hanke zum Zeitpunkt der sonntäglichen Sitzung?
„Wir hatten viele Sitzungen zum Thema Energiesicherheit. Nirgendwo wurde über die Situation der Wien Energie informiert. Warum hat man erst gestern in den Medien über die Probleme erfahren?“, sagt Jurazcka.
Gab es bisher stillschweigend Finanzspritzen seitens der Stadt am zuständigen Ausschuss des Gemeinderats vorbei? Ist das Problem durch Spekulationsverluste entstanden?
Wann werden Oppositionsparteien endlich Kontrollmöglichkeiten für ausgelagerte Betriebe bekommen?
Laut Wölbitsch werde man sich nun mit den anderen Oppositionsparteien abstimmen, um die Aufklärung zu leisten. Denkbar sei aber auch, der gesamten Stadtregierung des Misstrauen auszusprechen.
Grüne monieren "Verschleppung und Vertuschung"
Fragen an die Stadtregierung artikulieren auch die Wiener Grünen und schließen sich der ÖVP-Forderung nach umfassender Aufklärung an. Laut Informationen des Grünen Klubomanns Peter Kraus, sei die Stadt bereits mindestens dreimal - möglicherweise aber häufiger - finanziell für die Wien Energie eingesprungen. Es soll sich dabei um Hilfen von mehreren Millionen bis zu zwei Milliarden Euro gehandelt haben, sagt Kraus bei einer Pressekonferenz am Montag.
Problematisch ist das für die Grünen aus zweierlei Gründen. Erstens, weil diese Zahlungen der Stadt an die Wien Energie „am Gemeinderat vorbeigeschleust wurden“ und zweitens, weil die Stadt offenbar bis zum letzten Moment gewartet habe, um den Bund um Hilfe zur Stützung der Wien Energie zu bitten. Damit würde die Stadt die Versorgung der Wiener "gefährden".
Bürgermeister hat Notkompetenz
Grundsätzlich hat die Stadtregierung die Möglichkeit, die Entscheidung zu den Hilfen autonom zu treffen, also auch ohne den Gemeinderat einzubeziehen. Das liegt an der Notkompetenz, die der Bürgermeister im Notfall innehat. Die Grünen aber sehen darin ein gehöriges Transparenz-Problem, der Stadt Wien attestiert Kraus "Vertuschung und Verschlepp".
Sie fordern daher die Beantwortung folgender Fragen: Welche Entscheidungen sind im Rahmen der Notkompetenz getroffen worden?
Welche Hilfen gab es für die Wien Energie und stimmt es, dass bisher 2 Milliarden Euro von der Stadt an die Wien Energie geflossen sind?
Und: Warum wurde der Gemeinderat nicht informiert? Warum ist die Wien Energie erst so spät an den Bund herangetreten.
Um diese Antworten zu bekommen, würden die Grünen „alle parlamentarischen Möglichkeiten ausschöpfen - von einem Sondergemeinderat bis Untersuchungskommission“, sagt Kraus und fordert zudem eine Erklärung, warum Stadtrat Peter Hanke an der gestrigen Krisenbesprechung mit der Bundesregierung nicht teilgenommen hat.
"Ludwig auf Tauchstation"
Die Kritik der FPÖ geht in die selbe Richtung. Parteichef Dominik Nepp fordret eine sofortige Erklärung von Ludwig. „Wir haben das Recht zu erfahren, seit wann die rot-pinke Stadtregierung von den Liquiditätsproblemen und der drohenden Milliardenpleite des städtischen Unternehmens gewusst hat", sagt er.
Nepp weiter: "Es ist wenig vorstellbar, dass eine derartige Finanznot über Nacht auftaucht. Es ist ein Skandal, dass weder der Stadtsenat noch der Finanzausschuss mit dieser existentiellen Krise befasst wurden. Zudem ist es völlig inakzeptabel, dass sich Pleitekönig Ludwig auf Tauchstation befindet. Er muss den Mitgliedern der Stadtregierung und des Finanzausschusses schleunigst Rede und Antwort stehen."
Seitens der Büros von Ludwig und Hanke gab es am Montagvormittag keine Stellungnahme.
Die Neos Wien stellten sich auf KURIER-Anfrage in einem schriftlichen Statement vorsichtig auf die Seite des Koalitionspartners SPÖ: "Die derzeitige Situation ist den zuletzt rasant gestiegenen Strompreisen geschuldet, wo die Wien Energie für den Kauf von Strom eine finanzielle Sicherheit hinterlegen muss". Details und Höhe der finanziellen Unterstützung würden nun nach klaren Kriterien zwischen den Verantwortlichen der Stadt Wien, dem Bund und der Wien Energie geklärt werden.
Am Nachmittag würde es aber koalitionsinterne Gespräche geben, in denen die Neos eine transparente Sachverhaltsdarstellung fordern werden. Außerdem soll über über die weitere Vorgehensweis beraten zu können.