Chronik/Wien

Werben um Stimmen für Michael Ludwig

Bevor der neue Bürgermeister Michael Ludwig seine Arbeit aufnehmen kann, muss er sich heute, Donnerstag, seiner Wahl im Gemeinderat stellen. Er und die neuen Mitglieder der Stadtregierung benötigen bei der geheimen Wahl eine einfache Mehrheit, also mindestens 51 der 100 Stimmen. Es genügen damit die 54 Stimmen der roten und grünen Mandatare.

Gegenstimmen aus den eigenen Reihen, die die neuen Regierung zu Fall bringen könnten, sind – entgegen Spekulationen in Boulevardmedien – extrem unwahrscheinlich. Statt einem Thrillers werde man am Donnerstag eine „rote Idylle“ zu sehen bekommen, betonte SP-Landesparteisekretärin Barbara Novak am Mittwoch.

Seitens der SPÖ richtet sich daher der Blick weniger auf die eigenen Genossen, sondern auf das Stimmverhalten der Opposition: „Ich habe das Recht, die Oppositionsparteien zu bewerten und mir ein Bild zu machen, welche Partei Interesse hat, mit uns in Zukunft enger zu kooperieren“, sagte Ludwig in Hinblick auf die Abstimmung zuletzt im KURIER. Heißt übersetzt: Wer nach der nächsten Wahl mit der SPÖ koalieren will, sollte Ludwig lieber auch zum Bürgermeister küren.

Botschaft an die ÖVP

Eine Botschaft, die sich vor allem an die ÖVP richtet, die mit Rot-Schwarz nach der Wien-Wahl liebäugelt. Vor allem der Flügel rund um Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck drängt auf eine Koalition mit der SPÖ. Zwischen Ruck und Ludwig herrscht bestes Einvernehmen. Beide teilen ähnliche wirtschaftspolitische Ziele, sie können auch persönlich sehr gut miteinander, was nicht zuletzt die zahlreichen gemeinsamen öffentlichen Termine zeigen.

Im Gemeinderat schießt die ÖVP hingegen bei jeder Gelegenheit mit schweren Geschützen auf die SPÖ – ein Doppelspiel, das den Roten sauer aufstößt: „Die ÖVP hat zwei Möglichkeiten: Einen Oppositionskurs à la FPÖ oder ein konstruktives Miteinander mit der SPÖ“, heißt es in roten Kreisen. Denn sollte es nach der Wahl keine schwarz-blaue Mehrheit geben, hätte die SPÖ bei den Koalitionsverhandlungen alle Trümpfe in der Hand. Sie könne genauso gut mit den Grünen weiterregieren oder mit Neos und Grünen eine Dreierkoalition bilden.

Ob Ludwigs Botschaft bei der ÖVP ankommt, wird sich am Donnerstag zeigen: Im Vorfeld hatte die ÖVP jedenfalls – wie auch FPÖ und Neos – klargemacht, dass sie Ludwig nicht wählen werde.